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Intransparent: TikTok nutzt Wortfilter

Recherchen bestätigen: TikTok nutzt Wortfilter für Kommentare – ohne transparente Richtlinien und ohne über die Filter zu informieren.

Das TikTok-Logo in schwarzen Lettern auf weißem Grund
Die Videoplattform TikTok zensiert sensible Inhalte per Wortfilter. © TikTok

Jetzt ist es offiziell: Die chinesische Social Media Plattform TikTok verhindert in Deutschland per Wortfilter, das Posten von Kommentare mit einschlägigen Begriffen. Nutzer bekommen dabei keine Benachrichtigung.

Diese Begriffe zensierte TikTok Wortfilter

NDR, WDR und Tagesschau haben gemeinsam recherchiert, welche Wortwahl dazu führt, dass der TikTok-Algorithmus einen Kommentar aussortiert. Die Liste ist lang. Neben Begriffen wie “Sex”, “Porno” oder “Nazi” enthält sie unter anderem auch: gay, homo, homosexuell, LGBTQ, LGBTQI, schwul. Auch Begriffe wie “Sklave”, “Prostitution” oder “Sexarbeit” werden von dem Filter erfasst und zensiert.

Bei “Klimawandel” oder “Klimakrise” kommt es auf den Kontext an. Meist werden Kommentare mit diesen Begriffen jedoch zurückgehalten, so die Tagesschau.

Konsequent ist der Umgang bei vielen Drogen. So können Nutzer keine Kommentare posten, die beispielsweise “Cannabis”, “Crack” oder “Kokain” namentlich nennen. Auch der Begriff “Drogen” selbst steht auf der Liste. Zudem ist nicht anzunehmen, dass die aktuelle Recherche alle fraglichen Begriffe erfassen konnte.



Zwischen Sicherheit und Zensur

Bei einigen Worten ist nachvollziehbar, dass sie aus Gründen des Jugendschutzes nicht zulässig sind. Auch will TikTok nach eigenen Angaben Hetze und Hassreden vorbeugen. In seinen Community Richtlinien benennt der Konzern Sicherheit als oberste Priorität bei der Nutzung der Plattform. Ihr Vorgehen bezeichnet TikTok grundsätzlich als proaktiv. Allerdings ist äußerst fraglich, wo die begründete Sorge bei Begriffen wie “gay” oder “Klimawandel” liegt. Debatten über sensible, wie auch kontroverse Themen sind durch den Algorithmus enorm erschwert.

Dass TikTok bestimmte Inhalte streng zensiert, ist bereits seit einigen Jahren vage bekannt. Immer wieder gab es Berichte über Inflencer, die relevante Botschaften in ihren TikTok-Videos verstecken, um nicht geblockt zu werden. Beispielsweise thematisierte die 17-jährige Feroza Aziz in ihren Schminkvideos scheinbar nebenbei Chinas Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Provinz Xinjiang. 

Videos mit unliebsamen Inhalten zu veröffentlichen ist auf TikTok nicht möglich. Im Gegensatz dazu werden Kommentare scheinbar problemlos veröffentlicht. Die Nutzer bekommen keinerlei Benachrichtigung, dass der Algorithmus ihren Beitrag zurückhält.

Technische Veränderungen

Automatische Wortfilter bringen aus Sicht der Plattformbetreiber viele Vorteile mit sich. Sie arbeiten konsequent, ohne Personalaufwand und sind dementsprechend billig. Allerdings können sie im Vergleich zu Menschen kaum Kontexte unterscheiden und so it differenzieren, ob es etwa um eine Beleidigung oder eine Kontroverse geht.

Inzwischen bekennt sich TikTok zu den in Deutschland genutzten Wortfiltern. Trotzdem sind die Richtlinien weiter unklar. Nach Veröffentlichung der Recherchen von NDR, WDR und Tagesschau räumte der Konzern offiziell Fehler ein. Auch richtete TikTok seinen Algorithmus teilweise neu aus. So ist es mittlerweile möglich, beispielsweise das Wort “homosexuell” in einem Kommentar zu verwenden. Unklar bleibt aber bislang, wie weitreichend die Veränderungen tatsächlich sind oder ob es sich lediglich um eine schnelle Reaktion auf den öffentlichen Druck handelt.