Veröffentlicht inKameras

Sigma fp L im Test: Das kompakte Megapixel-Monster

Kleine Kamera ganz groß. Die Sigma fp L bietet bei geringer Baugröße einen Vollformatsensor mit nicht weniger als 61 Megapixel.

Die Sigma fp L im Einsatz als Webcam neben einem Notebook
© Sigma

Sigma ist in Sachen Kameras sicher nicht der Platzhirsch, aber immer wieder für eine echtes Highlight gut. So auch bei der Sigma fp L, die Vollformat für die Hosentasche bietet. Und das mit satten 61 Megapixel.

  • Auflösung: 61 MP
  • Sensortyp: Vollformat
  • Crop-Faktor: 1
  • Preis: 2.299 Euro
Sigma fp L mit Objektiv und Gegenlichtblende, frontal fotografiert
Die kleinste und mit nur 427 Gramm leichteste Vollformat-Kamera mit 61 MP und Top-Auflösung!

Zugekaufter Sensor bei der Sigma fp L

Sigma preist zwar auf der Website nach wie vor die konstruktionsbedingten Vorteile des hauseigenen Foveon-Sensors an, setzt aber in den beiden fp-Kameras rückwärtig belichtete BSI-CMOS-Sensoren ein. Das L-Mount eröffnet den Zugang zu einem exzellenten Objektivsystem von Sigma, Leica und Panasonic. Vorder- und Rückseite des Gehäuses sind aus Aluminium-Druckguss. Die Kamera ist mit 42 Abdichtungen spitzwasser- und staubgeschützt. Die Sigma fp L hat keinen Handgriff, der Winzling lässt sich aber trotzdem gut halten. Wer auf einen Handgriff nicht verzichten will, kann den mitgelieferten Standard-Handgriff HG-11 oder den optionalen großen Handgriff HG-21 seitlich befestigen.

Die Sigma fp L von vorne ohne Objektiv mit Blick auf das L-Mount-Bajonett
Das L-Mount eröffnet den Zugang zu zahlreichen Objektiven mit L-Bajonett von Sigma, Leica oder Panasonic.

Baukastenkamera

Die Ergonomie bei einer Kamera wie der Sigma fp L zu bewerten, ist keine grundsätzlich einfache Sache. Denn einerseits tritt sie mit dem Anspruch an, die kleinste und leichteste Vollformat-Kamera der Welt zu sein. Diese Idee ist konsequent zu Ende gedacht und realisiert. Das impliziert den Verzicht auf einen eingebauten elektronischen Sucher und eine radikale Miniaturisierung, die nicht ohne Einfluss auf die Bedienung bleiben. Das wird aber durch den modularen Aufbau und das optionale Zubehör bestens kompensiert. Denn auch der Blitzschuh HU-11 ist optional und wird seitlich an der Sigma fp L befestigt. Dafür muss man die Gummiabdeckung für die Kontakte vollständig abnehmen – und sie hoffentlich auch wiederfinden. Das Gehäuse hat unten und an beiden Seiten je ein ¼-Zoll-Gewinde (Stativ-Gewinde). An den drei Schraubgewinden kann man die Riemenhalter oder diverses Zubehör befestigen.

Blitzschuh und handgriff als Zubehörteile ohne Kamera
Der Blitzschuh HU-11 und der Handgriff HG-11 werden seitlich an der Kamera befestigt

Sigma fp L: Gut und individuell bedienbar

Mit einem großen Einstellrad um den Auslöser und einem Daumenrad mit Druckfunktion hat man eine schnelle und direkte Kontrolle über Blende, Verschlusszeit und manuelle Belichtungskorrektur. Belegung und Drehrichtung der beiden Einstellräder lassen sich konfigurieren. Die AEL-Taste, die Druckpunkte des Daumenrads und die beiden Tasten an der unteren Rückseite TONE und COLOR sind ebenfalls konfigurierbar. So kann man beispielsweise auf die ISO-Einstellung als direkte Option mit dem linken und dem rechten Druckpunkt des Daumenrads zugreifen. Das Menü ist übersichtlich und selbsterklärend, die Navigation mit dem Einstellrad und dem Daumenrad mit Druckfunktionen einfach. Das konfigurierbare Quick-Menü wird mit der QS-Taste aufgerufen, so dass man einen einigermaßen schnellen Zugriff auf die belichtungsrelevanten Parameter hat.

Die Kamera in der Draufsicht mit Objektiv und den wenigen Bedienelementen
Zwei große Schieber und ein ebenfalls sehr großes Einstellrad, das erwartet man nicht bei einer miniaturisierten Kamera.

Vielseitiger Monitor

Der Monitor der Sigma fp L ist groß und hoch auflösend. Damit kann man die Schärfe sowohl bei MF- als auch bei AF-Betrieb schon vor der Aufnahme betrachten, beispielsweise wenn man der AEL-Taste die Lupenfunktion zuweist oder mit der Mitteltaste des Daumenrads. Dann erscheint beim Tastendruck auch beim AF-Betrieb direkt der vergrößerte Bildausschnitt (4x oder 8x, je nach Einstellung mit dem Einstellrad). Bei der Bildbetrachtung kann man mit den Fingergesten ins Bild hinein zoomen und den vergrößerten Ausschnitt mit dem Finger auf dem Touch-Screen bewegen. Die Rillen rund um den Monitor sollen nicht kaschieren, dass er sich nicht bewegen lässt, sondern haben bei Videoaufnahmen eine wärmeableitende Funktion zwischen Monitor und Bildsensor im Gehäuse. Mit der MODE-Taste kann man die Belichtungsprogramme direkt einstellen. Mit der Monitor-Taste lassen sich diverse Darstellungsoptionen und Einblendungen aufrufen.

Die Rückseite der Kamera mit Testbild im Display
Der große Monitor ist hoch auflösend, das Daumenrad mit Druckfunktion gut zu bedienen, einige Tasten sind konfigurierbar.

Sucher nur als Extra

Der neue elektronische Sucher EVF-11 für 640 Euro ist eine hervorragende Ergänzung für beide fp-Kameras und jeden Cent wert. Das OLED-Display mit 3,68 Megapixeln und die 0,83-fache Vergrößerung liefern ein großes, helles, scharfes und brillantes Sucherbild. Der Sucher ist nach oben um 90° beweglich, hat eine Dioptrienkorrektur und wird von der Kamera mit Strom versorgt. Der Sucher wird seitlich an der Kamera befestigt und hat einen LCD-EVF-Schalter, ein Stativgewinde, einen Kopfhörer- und einen USB-C-Ausgang. Geliefert wird der EVF-11 mit zwei Augenmuscheln in einer halbharten Tasche. Der ältere optionale LCD View Finder LVF-11 ist ein Lichtschachtsucher mit 2,5-facher Vergrößerung und kein separater elektronischer Sucher.

Der ansteckbare elektronische Sucher in schräger und rückseitiger Perspektive
DURCHBLICK Der optionale elektronische Sucher EVF-11 mit 3,69 MP und 0,83-facher Vergrößerung ist
Top und unbedingt zu empfehlen (auch im Set erhältl.).

Die Sigma fp L fokussiert schnell

Der Hybrid-Autofokus arbeitet schnell und leise. Die Pump-Phase ist minimal, das Bild springt praktisch sofort in die Schärfe. Die Lage der 49 AF-Messfelder wird auf dem Monitor gut angezeigt. Die Messfeldabdeckung und die Messfelddichte sind sehr gut. Das gewünschte AF-Messfeld lässt sich mit dem Finger auf dem Touch-Screen oder mit dem Daumenrad mit Druckpunkten anwählen (auf die Funktionsbelegung achten). Mit dem Einstellrad oder mit dem Daumenrad kann man auch die Messfeldgröße direkt einstellen. Dem oberen und dem unteren Druckpunkt des Daumenrads ist je eine AF-Funktion zugewiesen. Der elektronische Verschluss sorgt für sanftes Auslösen und 10 Bilder pro Sekunde. Auto-HDR-Funktion, USB-Laden in der Kamera und professionelle Videofunktionen sind weitere Highlights.

Die Kamra mit einem Klavierspieler im Display und USB-Ladekabel an der Seite
Links im Bild: Die Kamera kann auch per USB-C-Kabel mit Dauerstrom versorgt werden. © Sigma

Aufnahmen in Top-Qualität

Die Bildqualität der Sigma fp L ist überragend. Die Auflösung ist sehr hoch und konstant im bewerteten Bereich von ISO 6 bis ISO 3.200, die fp L erreicht hier Werte von 92-84% der Nyquist-Frequenz. Im Bereich von ISO 6.400 bis ISO 51.200 löst die Kamera 81-76% der theoretischen Maximal-Auflösung des Sensors auf: Exzellente Werte für eine Kamera mit optischem Tiefpassfilter. Die absolute Auflösung in Linienpaaren pro Bildhöhe lässt aufhorchen: 2.903-2.665 LP/BH im bewerteten Bereich von ISO 6 bis ISO 3.200, und bei ISO 51.200 sind es immer noch mehr als 2.400 LP/BH. Das ergibt eine verblüffende Detailauflösung. Eine Kontrastanhebung bei feinen und mittelgroßen Details und Strukturen erhöht den visuellen Schärfeeindruck zusätzlich.

Aufnahme des Siemenssterns als Beleg für die hohe Auflösung und Schärfe
Überragende Auflösung sogar mit optischem Tiefpassfilter, das die Moiré- und Aliasing-Artefakte wirksam unterdrückt.

Hohe Ausgangsdynamik

Ebenso erstaunlich ist die Ausgangsdynamik, die von ISO 6 bis ISO 3.200 Maximalwerte von 256,0 erreicht, bei ISO 51.200 sind es noch 252,0 Stufen. Damit kann die Kamera bei jeder ISO-Stufe sattes Tiefschwarz ohne Probleme darstellen. Die Eingangsdynamik ist für die jeweiligen ISO-Stufen ebenfalls hoch bis sehr hoch, so dass man dem Winzling einen sehr großen Dynamikumfang attestieren kann. Die geringen Artefakte erkennt nur das geschulte Auge in der 200% Vergrößerung am 5K-Monitor. Die Kantenschärfung arbeitet sehr effizient und verursacht keine sichtbaren Kantenartefakte.

Gut bis in hohe ISO-Bereiche

Erst ab ISO 12.800 sind Moiré- und Aliasing-Artefakte an feinen Details und Strukturen sichtbar. Sogar bei ISO 25.600 werden die feinen Details und Strukturen gut aufgelöst, aber das Rauschen sowie die Moiré- und Aliasing-Artefakte treten deutlicher in Erscheinung. Der automatische Weißabgleich arbeitet nicht ganz neutral, und die Farbwiedergabe ist auf die visuelle Wahrnehmung abgestimmt. Die Farbsättigung ist höher als in der Vorlage, aber die Bilder wirken nicht bunt.

Fazit

Die Sigma fp L ist eine bemerkenswerte Kamera. Trotz ihrer geringen Größe liefert sie auf professionellem Niveau ab. Und das mit einer sagenhaften Auflösung. Für mobile Fotografen ist der Zwerg mehr als nur eine Überlegung wert.

  • PRO
    • Geringes Gewicht, gute Bildqualität, sehr hohe Auflösung.
  • KONTRA
    • Einige Features nur über Zubehör realisierbar.
Blauer Kaufbutton mit Einkaufswagen: Detaillierten Text hier freischalten

Ursprungsartikel von Dr. Artur Landt