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Action-Cams und mehr: 5 ungewöhnliche Kameras im Test

Viele Linsen, skurrile Formen: Manche Kamera sieht kaum mehr wie eine aus. IMTEST hat fünf außergewöhnliche Modelle getestet.

Action Cams und Pocket Cams im Test
© Hersteller

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Von Action-Cams bis Smartphone

Bei dem Wort „Kamera“ war vor wenigen Jahren noch ziemlich eindeutig, was man sich unter dem Begriff vorzustellen hatte. Viele assoziieren damit auch heute sicher das Gerät, das die Icons der Foto-Apps der meisten Smartphones ziert: ein rundes Objektiv, ein eckiger Korpus, Sucher, Linse, Auslöser. Eine Kamera. Mittlerweile ist das weltweit meistgenutzte Gerät zum Filmen und Fotografieren tatsächlich das Smartphone selbst – und das hat nur noch wenig mit der ursprünglichen Kameraerscheinung gemein.

Auch die winzigen Action-Cams erinnern nur noch entfernt an ihr einstiges Vorbild, sind bei Hobbyfilmern beliebt und lassen sich dank ihrer kompakten Bauweise an den unzugänglichsten Orten einsetzen. Neben der Bauform selbst veränderten sich auch die Funktionen mit dem Zeitgeist: Tele- und Weitwinkelobjektive kamen hinzu, Frontkameras für Selfies sind heute Standard.

Besondere Pocket- und Action-Cams im Test

Unter Berücksichtigung dieser Entwicklung sollte es also zu wenig Irritation führen, wenn Kameras im Jahr 2021 die verschiedensten Formen und Größen annehmen, um ebenso vielseitige Aufgaben zu bewältigen. Trotzdem fällt es schwer, mit Blick auf die im Test vorliegenden Pocket- und Action-Cams zu sagen: „Klar, das sind eindeutig Kameras.“ IMTEST hat sich nämlich ganz im Sinne der Diversität fünf einzigartige Kameras herausgesucht, die mit speziellen Funktionen aus der Masse herausstechen. Mit ihren biegsamen Hälsen, stiftförmigen Körpern und kugelrunden Linsen sehen sie zwar nicht aus wie klassische Kameras, eignen sich aber gerade deshalb hervorragend für unnachahmliche Aufnahmen.

Der Star unter den Action-Cams

Wer sind also die getesteten Sonderlinge? Zunächst ist da die GoPro Max: Die quadratische Kamera des Marktführers im Action-Cam-Segment ist etwa handtellergroß und hat an Front- und Rückseite je eine halbrunde Linse. Damit filmt sie die komplette Umgebung in einer 360°-Aufnahme, lässt sich dank integrierter Halterung aber auch vielfältig an Sportlern oder Fahrzeugen befestigen. Während bei konventionellen Action-Cams im Eifer des Gefechts schon mal der Bildausschnitt verrutscht, nimmt die Max einfach die komplette Umgebung auf und lässt Nutzer hinterher den Bildausschnitt in der Aufnahme frei wählen. Bereits Testsieger im Vergleichstest der Action-Cams ist das Schwester-Modell HERO9 von GoPro.

Insta360 mit zwei Modellen im Test

Fast schon klassisch erscheint im Vergleich die Insta360 One R. Sie besitzt das rechteckige Format einer Action-Cam, besteht aber aus modularen Bauteilen. Nutzer setzen sich so aus dem Akku, einer Steuereinheit mit Touch-Screen und unterschiedlichen Linsen (Weitwinkel, 360°-Doppellinse) die Kamera immer so zusammen, wie sie sie gerade brauchen.

Ebenfalls von der Marke Insta360 stammt die One X 2. Sie lässt sich am besten als 360°-Pocket-Cam beschreiben, denn auch sie besitzt zwei Objektive, mit denen Sie die komplette Umgebung filmen kann. Durch ihr handliches Riegel-Format verschwindet sie aber in jeder Hosentasche und lässt sich dank einer Kombination aus unkonventionellem Zubehör und potenter Software so einsetzen, dass es den Anschein hat, als sei eine Drohne oder ein Kameramann für die Aufnahmen verantwortlich.

Pocket-Cams von DJI und Vecnos

Einem beliebten Extra von Kameraleuten bedient sich auch die DJI Pocket 2: Ihre Linse ruht auf einem winzigen „Gimbal“, einem frei beweglichen dreiachsigen Arm, der Bewegungen ausgleicht und so das Bild einer Aufnahme stabilisiert. Die dünnhalsige Pocket 2 kann mit ihrem Gimbal aber auch selbstständig die Blickrichtung wechseln und so etwa dank Gesichtserkennung autonom Personen im Raum verfolgen. Vom Hersteller DJI hat IMTEST bereits die Drohnen Mini 2 und FPV getestet.

Am Ende des Quintetts steht noch die Vecnos IQUI, eine kugelschreibergroße und vierlinsige 360°-Kamera, die starke Ähnlichkeit mit dem „Neuralisator“ aus „Men in Black“ hat. Die IQUI ist dabei hauptsächlich ein Werkzeug für Social Media, denn ihre Rundum-Aufnahmen lädt sie in die ungewöhnliche IQUISPIN-App. Dort verziert sie die Bilder mit ausgefallenen Kamerafahrten und 3D-Effekten, um die Schnappschüsse anschließend nahtlos bei Instagram oder Facebook hochzuladen.

IQUI Pocket Cam mit ausgefallenem Design
Blitzdings: Die schlanke und handliche Form der IQUI mutet gar nicht wie eine Kamera an. © IMTEST

Spezielle Ausstattung für spezielle Action-Cams

So unterschiedlich sie sind, eine Gemeinsamkeit eint die besonderen Pocket- und Action-Cams: Sie taugen zwar für Filme und Fotos, um ihr volles Potenzial zu entfalten, brauchen sie aber spezielles Zubehör. Die GoPro Max und die Insta360 One R sind dank ihrer standardisierten Haltevorrichtungen für Action-Cams noch mit den konventionellsten Extras kompatibel.

Die Max besitzt etwa einen Selfie-Stick, der dank Teleskopvorrichtung und ausklappbarem Dreibein überall für stabile Rundumaufnahmen auf Augenhöhe sorgt. Die One R bietet zusätzlich zu ihrer Halterung unterschiedliche Linsen für das Baukastensystem. Während Nutzer einer Max nur so weitwinklig filmen, wie es die fest verbaute Linse erlaubt, stöpseln Fotografen auf die One R zum Beispiel eine 2,5-Zentimeter-Weitwinkel-Modifikation.

Insta360 One R mit Baukasten System
Baukasten: Wer keine passende Kamera findet, setzt sich mit der One R selbst eine zusammen © IMTEST

Zubehör der IQUI und One X 2

Weniger vielseitig gibt sich die Pocket-Cam Vecnos IQUI – sie kommt im Lieferumfang lediglich mit einem kleinen Kunststoffständer, mit dem sie aufrecht auf einem Tisch steht. Durch dieses kleine Extra gelingen aber ungleich hübschere Aufnahmen, denn so ragt in der 360°-Ansicht nicht der Arm desjenigen, der die Kamera hält, unschön in das Bild.

Für die One X 2 hat sich Insta360 etwas Ausgefallenes einfallen lassen: Die Taschenkamera besitzt nämlich ein Schraubgewinde an der Unterseite, das mit Stativen oder Selfie-Sticks kompatibel ist. Durch geschichtes „Stitching“ wird der Stick aus der fertigen Aufnahme herausgeschnitten, und es sieht so aus, als würde die Kamera frei schweben. Mithilfe des sogenannten „Bullet Time“-Zubehörs (etwa einem Griff mit einer frei drehbaren Mittelachse oder einer langen reißfesten Schnur) schleudern Nutzer die One X 2 wie ein Lasso kreisförmig um sich herum. Wenn nun die Software der Kamera dafür sorgt, dass die Personen immer im Bildmittelpunkt bleiben, sieht es so aus, als würde eine Kameradrohne fliegend ihre Kreise ziehen.

Insta360 One X 2im Einsatz
Wie ein Cowboy: Mit dem „Bullet Time“-Zubehör der One X 2 schwingt man die Kamera um sich. © IMTEST

Ausstattung der DJI Pocket 2

Die DJI Pocket 2 beherrscht zwar keine 360°-Aufnahme, ist mit ihrem drehbaren Hals vor allem für Vlogger praktisch. Die werden mit dem Zubehör der DJI-Creator-Combo noch weiter unterstützt: Ein kleiner anschraubbarer Dreifuß sorgt für sicheren Stand, ein kabelloses Anklemm-Mikrofon für sauberen Klang auch unterwegs. Über ein Stecksystem am Bauch der Kamera wechseln Nutzer außerdem zwischen einer Joysticksteuerung oder einem Anschluss für das Smartphone. Dadurch lässt sich das kleine Display der Pocket 2 deutlich vergrößern und Inhalte stattdessen auf dem Handybildschirm betrachten.

Gimbal der DJI Pocket Cam
Der Gimbal der DJI Pocket 2 gleicht Bewegungen aus und dreht die Kamera in Richtung des Nutzers. © IMTEST

Bedienung per Touch-Screen und App

„Display“ ist auch ein gutes Stichwort, denn vier der fünf Kameras lassen sich über ein solches per Berührungseingabe steuern. Bei der GoPro geht das gewohnt gut von der Hand, nicht zuletzt wegen der sinnvoll angeordneten Menüs. Auch die beiden Geräte von Insta360 überzeugen bei der Handhabe, das kreisrunde Display der One X 2 erfordert nur ein wenig Übung, und ihre Menüs sind nicht ganz so gut sortiert wie bei der Max. Alle drei Modelle besitzen außerdem eine zuverlässige Sprachsteuerung.

Auch das Display der Pocket 2 erlaubt eingängiges Steuern, es ist nur wirklich winzig geraten und erfordert präzise Fingertippser, die nicht immer gelingen wollen. Einfacher ist da die Bedienung per Smartphone-App, die grundsätzlich bei allen vier Kameras die übersichtlichste und problemloseste Eingabeoption darstellt.

Holprige Bedienung bei der IQUI

Etwas abgehängt wirkt dabei die Vecnos IQUI: Die schlanke Kamera besitzt kein Display, sondern nur Tasten mit simplen Funktionen. Auch die zugehörige IQUISPIN-App zeigt keine Vorschau, jeder Schnappschuss wird so ein wenig zum Blindflug. Während die anderen Pocket- und Action-Cams auch wunderbar ohne Handy funktionieren, weil sie ihre Inhalte auf einer Micro-SD-Karte speichern, ist die IQUI ohne App unbrauchbar. Sie sichert Aufnahmen auf einem internen Speicher und funkt sie anschließend an das Smartphone.

Ohne App geht gar nichts

Die Kamerasteuerung per Smartphone-App erleichtert die Handhabe ungemein: Auf dem großen Handydisplay lassen sich Menüs und Funktionen übersichtlicher auswählen als auf den kleinen Bildschirmen der Action-Cams und Pocket-Cams. Besonders die Live-Vorschau erlaubt ein präzises Filmen und Ausrichten des Bildausschnitts. Die Apps von GoPro, DJI und Insta360 sind dabei vorbildlich: Sie verbinden sich schnell über Wlan und Bluetooth und erlauben sogar einfachen Videoschnitt. Besonders für 360°-Aufnahmen ist die App-Anbindung praktisch, denn so schießen Nutzer Aufnahmen aus der Ferne, ohne selbst im Bild zu sein.

Besondere Aufmerksamkeit gebührt der IQUISPIN-App. Das Programm erlaubt Anwendern, spannende und einzigartige Inhalte zu kreieren: Es verziert Rundum-Aufnahmen mit Animationen und dreidimensionalen Effekten. So regnen etwa perspektivisch korrekt Blütenblätter durch das Bild, während es sich bewegt. Dadurch entsteht ein toller Tiefeneffekt, der Bildern für Social Media spannende Dynamik verleiht.

IQUISPIN App für die Pocket Cam
Die IQUISPIN-App ist die Steuerzentrale der IQUI und bereitet Inhalte für Social Media auf. © IMTEST

Einzigartige Aufnahmen der besonderen Action-Cams

Egal wie eigentümlich das Zubehör oder wie eingängig die Bedienung ist, am Ende zählt bei einer Kamera die Bildqualität. Erfreulicherweise taugt jede der Pocket- und Action-Cams aus dem Test für schöne Aufnahmen – allen voran die DJI Pocket 2. Die winzige Linse der Kamera macht gestochen scharfe Bilder und fängt Farben satt und natürlich ein. Dank des Gimbals sind Kameraschwenks stabil und auch beeindruckende Zeitrafferaufnahmen mit fahrendem Bildausschnitt möglich. Nur bewegte Objekte im Bild geraten gelegentlich etwas zittrig.

Gleich nach der Pocket 2 sichert sich bei der Bildqualität die GoPro Max einen Platz auf dem Treppchen. Ihre Aufnahmen sind klar und dank der „Hypersmooth“-Software nahezu komplett wackelfrei. Die 360°-Aufnahmen erscheinen ein wenig körnig, was für Kameras dieser Preisklasse aber normal ist.

Rundumsicht: 360°-Panorama

Um eine 360°-Aufnahme zu schießen, bedienen sich entsprechende Kameras mehrerer Weitwinkel-Linsen. Die GoPro Max setzt etwa auf zwei entgegengesetzt angeordnete 180°-Objektive, die jeweils ein eigenständiges Bild schießen. Die Software setzt aus den Einzelbildern dann ein vollständiges Panorama zusammen. „Stitching“ (engl. „Nähen“) nennt sich dieser Prozess, der maßgeblich über die Qualität des 360°-Rundblicks entscheidet. Beim Zusammenfügen muss die Technik nämlich selbstständig erkennen, wo die Bildsäume nahtlos ineinander übergehen – sonst entstehen sichtbare Kanten im Motiv, die die Illusion des „Mittendrinseins“ stören.

Mehr Kameralinsen bedeuten im Umkehrschluss auch eine bessere Qualität der Einzelbilder und somit auch des fertig zusammengesetzten Panoramas. Es entstehen so aber auch deutlich mehr Schnittkanten, die potenziell unsauber berechnet werden könnten. Ein 360°-Panorama ist daher immer nur so gut, wie das Zusammenspiel aus Kameratechnik und Software.

Tiny Planet Effekt mit Action Cams
Tiny Planet: 360°-Aufnahmen erlauben ganz besondere Bildzusammenschnitte. © IMTEST

Spezielle Effekte mit 360°

Der Vorteil von 360°-Action-Cams wie der GoPro Max liegt im hinterher frei wählbaren Bildausschnitt. Durch das Setzen von Aktionspunkten in der Aufnahme lässt sich der Blickwinkel so verschieben, dass der Fokus immer auf einem Objekt von Interesse liegt. Ein Rundum-Panorama hat aber auch andere Vorzüge: So lassen sich durch einen besonderen Zusammenschnitt der Umgebungsaufnahmen charmante Effekte wie etwa der „Tiny Planet“ (engl. „Kleiner Planet“) erzeugen, bei dem die Umgebung so gekrümmt wird, dass Akteure im Bild anmuten, als stünden sie auf einem Himmelskörper.

Außerdem eignen sich 360°-Panoramen hervorragend, um Innenräume virtuell begehbar zu machen. Auch IMTEST hat diese Technik bereits eingesetzt. So finden Sie beispielsweise eine Rundumansicht des Interieurs acht verschiedener Elektroautos wie dem VW ID3.

Panorama Ansicht eines Autos
Das 360°-Panorama sieht zunächst verzerrt aus. Die Fotos im sogenannten Equirectangular-Format werden erst nachträglich von einer Software so zusammengefügt, dass das Bild sphärisch korrekt dargestellt wird. © IMTEST

Action-Cams und Co. brauchen Licht

Etwas weniger brillant, für ihre Größe aber absolut akzeptabel, sind die Filme und Fotos der Insta360 One X 2. Neben einem schönen Schärfegrad ist auch die Farbwiedergabe der Pocket-Cam grundsolide. Ihre Rundum-Aufnahmen können sich dabei fast mit denen der GoPro Max messen. Etwas weniger lustvoll betrachtet man die Filme und Bilder der One R. Sie lässt Farbsäume verwischen, und auch die Bildstabilisierung greift nicht so sicher wie bei den anderen Kandidaten.

Für alle der getesteten Pocket- und Action-Cams gilt allerdings: Ohne ausreichend Licht sind die meisten Aufnahmen unbrauchbar. Flächen werden schnell grieselig, Farben beginnen zu zermatschen. Besonders spürbar ist das bei der IQUI. Selbst bei guten Lichtverhältnissen ist eine leichte Körnung in den Aufnahmen zu erkennen, die bereits spürbar intensiver wird, wenn man nur die Vorhänge etwas zuzieht. Wer mit diesem Social-Media-Zauberstab bei gemütlichem Licht in abendlicher Runde ein Bild schießen will, wird sich ärgern.

FAZIT

Fünf Pocket- beziehungsweise Action-Cams, 12 Linsen und ein Wackelarm: Selten war ein Testfeld so vielseitig. Mit ihrer tollen Bildqualität und beeindruckendem Hypersmooth-Stabilisator ist die Action-Cam GoPro Max der Sieger der Runde. Den zweiten Platz teilen sich die Pocket-Cams Insta360 One X und die DJI Pocket 2, die mit ihren tollen Aufnahmen und dem eigenwilligen Gimbal zum Preis-Leistungs-Sieger wird. Das spannende Baukasten-Konzept der Insta360 One R kann leider nicht über ihre nur durchschnittliche Bildqualität hinwegtäuschen. Gleiches gilt für die etwas unausgereifte Vecnos IQUI.