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WRC 10 für PS5 im Test: Schotter-Gestotter

Das neue, offizielle FIA-Rallyspiel „World Rally Championship 10” rollt an den Start. IMTEST hat sich hinter das Steuer geklemmt.

Rot weißes Rally-Auto von vorne auf rot weißem Hintergrund mit WRC 10 Schriftzug
© Nacon

Produktdetails
  • 59, 99 Euro
  • USK ab 0 Jahren
  • PC, PS4, PS5, PC, Xbox One, Xbox Series S|X

Schreck bei WRC10 vor der Startlinie

Wie üblich müssen Sie, bevor Sie die Karriere im Rennsimulator starten, ein paar wichtige Einstellungen in den Optionen tätigen. Auch bei WRC 10 vom Entwickler Kylotonn Racing haben Sie auf der PS5 die Wahl zwischen Optik und Performance des Spiels. So steht auch ein 120 Hz-Modus zur Verfügung. Dieser setzt allerdings HDMI 2.1 voraus und ist nur auf neueren TV-Geräten nutzbar. Gehen Sie auf “Optik” soll das Spiel mit rund 30 Bildern pro Sekunde laufen und detailreichere Texturen bieten. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie diese Einstellung ausprobieren: Das Bild wirkt extrem verwaschen, die Bildwiederholrate schwankt wie ein Kahn bei Windstärke 12.

Screenshot schwarzer Kasten mit Einstellungen
Die einzig spielbare Einstellung ist der ausbalancierte Modus. Bei 120 Hz leidet die Optik massiv, bei 30 Bildern pro Sekunde schmiert das Spielgeschehen sehr stark. © Nacon, IMTEST

Mit dieser Einstellung ist WRC 10 unspielbar, also lassen Sie besser die Finger davon. Also bleibt als einzige Wahl der Performance-Modus, der mit 60 Bildern pro Sekunde über den Bildschirm saust – meistens zumindest. Sind Sie auf der Suche nach zusätzlichen Einstellungen für die Bildschirmhelligkeit, suchen Sie vergebens: WRC 10 bietet keine Korrektur der Gamma-Werte an – absolut unverständlich. Schon alleine aus dem Grund, dass das Spiel auf einem OLED-TV zu dunkel dargestellt wird. Dabei wird HDR noch nicht einmal unterstützt.



Erste Schritte in der Junior WRC

Abseits der Karriere, die, wie schon in den Vorgängerspielen der Reihe, das Herz des Spiels bildet, haben Sie bei WRC 10 noch weitere Modi zur Auswahl. Sie können Einzelrennen absolvieren, dabei bestimmen Sie Fahrzeug und Austragungsort. Diese Fahrzeuge stehen dabei zur Auswahl:

• Ford Fiesta WRC (M-Sport Ford WRT) x3
• Hyundai i20 WRC 2021 (Hyundai Shell Mobis WRT) x4
• Toyota Yaris WRC (Toyota Gazoo Racing WRT) x4
• Ford Fiesta WRC (Fnckmatie)
• Hyundai i20 WRC (Hyundai 2C Competition)
• Hyundai i20 WRC 2021 (Hyundai Motorsport N)
• Hyundai i20 WRC (Paddon Rallysport)

• Citroën C3 Rally2 (Tagai Racing Technology Team)
• Ford Fiesta Rally2 (M-Sport Ford WRT)
• Skoda Fabia Rally2 (Toksport WRT)
• Volkswagen Polo GTI Rally2 (ALM Motorsport)
• Volkswagen Polo GTI Rally2 (Moviesport)
• Citroen C3 Rally2 (Nicolas Ciamin)
• Citroen C3 Rally2 (Saintéloc)
• Citroen C3 Rally2 (Sports & You)
• Citroen C3 Rally2 (Yohan Rossel)
• Hyundai i20 Rally2 (Hyundai Motorsport N)
• Ford Fiesta Rally2 (Tom Kristensson)
• Ford Fiesta Rally2 (Tom Williams)
• Skoda Fabia Rally2 (Mattias Ekstrom)
• Skoda Fabia Rally2 (Chris Ingram)
• Skoda Fabia Rally2 (Emil Lindholm)
• Skoda Fabia Rally2 (Eerik Pietarinen)
• Skoda Fabia Rally2 (Fabrizio Zaldivar)
• Skoda Fabia Rally2 (LOTOS Rally Team)
• Volkswagen Polo GTI Rally2 (Johan Kristoffersson)
• Volkswagen Polo GTI Rally2 (Rakan AL-Rashed)
• Volkswagen Polo GTI Rally2 (Kaur Motorsport)

• Ford Fiesta Rally4 (Jon Armstrong)
• Ford Fiesta Rally4 (Raul Badiu)
• Ford Fiesta Rally4 (Team Flying Finn)
• Ford Fiesta Rally4 (Autosport Team Estonia)
• Ford Fiesta Rally4 (Motorsport Ireland Rally Academy)
• Ford Fiesta Rally4 (Styllex Motorsport)
• Ford Fiesta Rally4 (Porvoon Autopalvelu)
• Ford Fiesta Rally4 (LMT Autosporta Akademija)

• Lancia Fulvia HF 1972 (Team Fulvia)
• Alpine A110 Berlinette 1973 (Team Alpine)
• Lancia Stratos 1974 (Sandro Munari)
• Audi Quattro A1 1981 (Michèle Mouton)
• Lancia 037 1983 (Walter Röhrl)
• Audi Quattro Sport 1984 (Stig Blomqvist)
• Peugot 205 T16 Evo 1 1985 (Ari Vatanen)
• Peugot 205 T16 Evo 2 1986 (Timo Salonen)
• Lancia Delta HF 4WD 1987 (Juha Kankkunen)
• Lancia Delta HF Integrale Evoluzione 1992
• Toyota Celica GT4 1992 (Carlos Sainz)
• Toyota Celica Turbo 4WD Safari Pack 1993 (Juha Kankkunen)
• Subaru Impreza WRC 1997 (Colin McRae)
• Mitsubishi Lancer Evo V 1998 (Tommi Mäkinen)
• Toyota Corolla 1999 (Hideyoshi Kenzou)
• Citroen Xsara WRC 2004 (Sebastien Loeb)
• Citroen Xsara WRC 2005 (Sebastien Loeb)
• Ford Focus RS 2007 (Team Ford Focus RS)
• Citroen DS3 WRC 2011 (Petter Solberg)
• Volkswagen Polo R WRC 2016 (Sebastien Ogier)
• Toyota Yaris WRC 2019 (Ott Tanak)

• Monte Carlo
• Schweden
• Kroatien
• Portugal
• Estland
• Spanien
• Italien
• Kenia
• Finnland
• Belgien
• Chile
• Japan
• Wales
• Griechenland

WRC 10 mit vielen Möglichkeiten

Was den schieren Umfang angeht, braucht sich WRC 10 vor der Konkurrenz aus dem Hause Codemasters also nicht zu verstecken. Zu den Einzelrennen gesellen sich noch der Online-Modus und ein Modus für zwei Spieler. Hier übernimmt ein Spieler das Lenkrad, der andere schlüpft in die extrem wichtige Rolle des Beifahrers und gibt mit Sprachkommandos die Richtung vor. Ganz lustig, aber ernsthafte Zeiten sind mit dieser Konstellation keinesfalls möglich. Und ganz davon ab ist natürlich die Einzelspieler-Karriere der beste Einstiegspunkt für WRC 10.

Welches Team soll es sein?

Natürlich müssen Sie erst einmal kleinere Brötchen backen, bevor Sie bei den großen Jungs, der echten WRC mitfahren dürfen. Also startet Ihre Rallye-Karriere in der Junior WRC am Steuer eines Ford Fiesta Rally 4. Fahren Sie hier konstant und setzen gute Zeiten, wird schon bald ein Team aus der WRC 4 an Ihre Autotür klopfen, danach folgt die WRC 3 und dann sind Sie bereit für die ganz drastischen Dreckschleudern wie etwa der Ford Fiesta WRC mit knapp 400 PS.

Screenshot schwarzer Kasten mit Talentbaum
Ein Talentbaum ist in einer ernstzunehmenden Simulation absolut deplatziert. © Nacon, IMTEST

Haben Sie sich für ein Team entschieden, geht es erst einmal in das Hauptquartier. Hier werden Sie von der Optionsvielfalt erschlagen: Kalender, E-Mails, Garage, Meetings, Training, Verbesserungen, Crew-Aufstellung, etc. Bis die freundliche Stimme aus dem Off jeden Punkt erklärt hat, hören Sie fast eine Viertelstunde nur zu und haben am Ende wieder vergessen, was am Anfang erklärt wurde. Nicht optimal! Zudem sind einige Menüs in WRC 10 derart kompliziert aufgebaut, dass sich das nötige Verständnis dafür erst nach zahllosen Spielstunden einstellt.

Erster Ärger im Hauptquartier

Zwei Möglichkeiten im Hauptquartier stechen dabei sofort ins Auge und stoßen Simulations-Fans sauer auf: Die Mannschaftsaufstellung Ihres Teams müssen Sie immer im Blick behalten. Dabei gibt es neben den obligatorischen Mechanikern recht sinnfreie Stellen wie einen PR-Manager oder einen Masseur. Alle Mitarbeiter geben kleine Boni, wie etwa 1 Prozent mehr Erfahrung oder dergleichen. Das große Problem ist aber das Schlafbedürfnis der Angestellten. Es vergehen keine zwei Rallyes und Sie sind gezwungen ein paar Akteure auszutauschen, weil sie zu müde zum Weiterarbeiten sind.

Screenshot Blick aus dem Auto über die Motorhaube
Bevor Sie endlich durch die Landschaft düsen können, vergeht eine Menge Zeit, die Sie nicht am Steuer verbringen. © Nacon, IMTEST

Nervig und unnötig, aber es kommt noch „besser“: Ein weiteres Menü zeigt – für SimFans ein Graus – einen Talentbaum. Hier können Erfahrungspunkte in verschiedenen Kategorien vergeben werden. Das Auto soll schneller durch Pfützen fahren und eine härtere Karosserie besitzen? Setzen Sie hier ein paar Punkte ein und „freuen“ Sie sich über die phantastischen Fähigkeiten, über die Sie nun verfügen.

IMTEST meint: In einer Rennsimulation wie WRC 10, die das reale Geschehen möglichst detailgetreu abbilden soll, hat ein Talentbaum absolut nichts zu suchen!



Durchatmen und losfahren

Haben Sie den ersten Schock verdaut, geht es endlich dahin, wo Sie bei WRC 10 schon die ganze Zeit hin wollten: An den Start des Rallye-Events. Bevor es losgeht zeigen hübsche Perspektiven ein paar Eindrücke der Rennpiste. Allerdings werden Sie hier mit den ersten technischen Unzulänglichkeiten konfrontiert, denn entfernte Objekte ploppen spät und unangenehm ins Bild. Nun wählen Sie noch eine der vier verfügbaren Perspektiven, IMTEST bevorzugt hier den Blick über die Motorhaube. Auf diesem Weg sehen Sie das meiste von der Umgebung, haben ein gutes Geschwindigkeitsgefühl und können die Kurven gut einschätzen.

Also pfeifen Sie auf Ansage des Co-Piloten los und stellen sich der staubigen Herausforderung. Dabei merken Sie sehr schnell zwei Dinge: Das Fahrverhalten auf Asphalt ist nicht ideal nachempfunden, die Abrollgeräusche der Reifen fehlen hier völlig. So nehmen Sie lediglich das schrille Quietschen der Bremsen wahr. Das wird auf Schotterpisten etwas besser, dennoch ist die Fahrphysik zu jeder Zeit meilenweit hinter der Konkurrenz. Die Steuerung wirkt schwammig und ungenau. Zudem wurden die unterschiedlichen Antriebsarten nicht gut umgesetzt. Sie spüren so gut wie keine Unterschiede zwischen Vorder- und Hinterradantrieb – oder 4WD.

Screenshot mit links Kotfügel im Bild, fährt auf Straße mit Publikum rechts
Kommen Sie dem Publikum zu nahe, werden Sie zurückgesetzt und kassieren Strafzeit. Das passiert viel zu oft und passt so nicht zum Spiel. © Nacon, IMTEST

Optisch und technisch abgeschlagen

Für noch mehr hochgezogene Augenbrauen und heruntergezogene Mundwinkel sorgt die technische Umsetzung von WRC 10 – wohlgemerkt auf einer PS5, die nicht gerade mit Leistung geizt. Einige Spielumgebungen sehen bei Tageslicht zwar ganz hübsch aus, geht die Sonne unter, sind die meisten Streckenteile viel zu dunkel. Wir erinnern uns: Eine Einstellungsmöglichkeit für die Helligkeit gibt es im Spiel selbst nicht. Von den Fahrten bei Nacht ganz zu schweigen. Denn hier sehen Sie rein gar nichts mehr, wenn Sie nicht in einer komplett abgedunkelten Umgebung spielen.

Screenshot Blick aus Auto auf asphaltierte Straße, die abgesperrt ist bei Dunkelheit
In der Dunkelheit sehen Sie nur etwas, wenn Sie Ihre Umgebung komplett abdunkeln. Einen Helligkeitsregler bietet das Spiel nicht. © Nacon, IMTEST

Der größte Faux-Pas kommt aber noch und sollte auf der neuen Hardware keinesfalls mehr auftreten: Die Bildwiederholrate ist alles andere als stabil. Dadurch wird das Spiel zusätzlich vom heftigsten Tearing geplagt, das auf der PS5 jemals zu sehen war. Tearing bedeutet, dass bei Kurvenfahrten, also der horizontalen Bewegung der Kamera, das Bild zerrissen wird. Dabei verschieben sich dann unschöne Balken verschiedener Breite nicht im gleichen Moment in die richtige Richtung. Dieses lästige Überbleibsel aus längst vergangenen PS4-Zeiten konnte IMTEST bis jetzt bei keinem PS5-Spiel entdecken. In WRC 10 tritt es sehr häufig auf und beeinflusst den Spielspaß nachhaltig.

Screenshot zeigt asphaltierte Straße mit Auto in der Ferne, rechts den Kopf einer Figur von hinten
Besonders in den Wiederholungen sind die flach wirkenden Texturen auf den Fahrzeugen erkennbar. Die Optik hat mit einer PS5 dann eher weniger zu tun. © Nacon, IMTEST

WRC 10 mit langem Weg zum Ziel

So lang und dröge die Karriere auch ist, letztlich gibt es bei WRC 10 kaum Neuerungen zum Vorgänger. Sie spulen einen Austragungsort nach dem nächsten ab und sind dann gezwungen minutenlanges Micromanagement im Hauptquartier zu erledigen. Bis Sie die Krone der WRC auf dem Kopf haben und sich über die x-te gelangweilt präsentierte Siegesfeier „freuen“, haben Sie sich rund 15 Stunden durch Schotter, Matsch, Eis, Schnee und Asphalt gekämpft.

FAZIT

Die Entwickler von Kylotonn Racing sollten sich unbedingt Nachhilfe beim „Team Colin McRae“ von Codemasters holen. Sonst werden die dort gebotene Güte und die nahezu perfekte Fahrphysik niemals erreicht.

Dazu kommen zahlreiche technische Unzulänglichkeiten, extrem störendes und künstlich aufgepustetes Management und Rollenspiel-Elemente, die kein SimRacer braucht. So geht WRC 10 zwar nicht als Vollgurke in die Geschichte der Rally-Spiele ein, mehr als knappes Mittelmaß ist aber hier sicherlich nicht drin.

  • PRO
    • Alle Strecken und Fahrer der aktuellen WRC-Saison. Dynamisches Wetter während des Rennens.
  • KONTRA
    • Technisch schwach, unnötiges Micromanagment, das dazu noch sehr kompliziert und kaum selbsterklärend ist.

IMTEST Ergebnis:

befriedigend 3,1