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Leica M11 Monochrom im Test: Schönes Schwarz-Weiß-Denken

Exot für Retro-Romantiker: Leica M11 Monochrom im Test.

Kamera von Leica auf einem Holztisch.
© IMTEST

Schwarz-Weiß-Bilder fesseln mit ihrer ganz eigenen Bildsprache. Helle und dunkle Elemente bilden einen Dialog, ein Spiel aus Licht und Schatten. Auch in Zeiten der digitalen Farbfotografie hat diese Ästhetik nicht an Reiz verloren. Kameras mit Monochrom-Sensor widmen sich einzig und allein dieser Kunst. Das klingt zunächst romantisch, wirft aber spätestens bei der weniger romantischen und kostspieligen Anschaffung Fragen auf. Gängige Systemkameras verfügen über Kreativ-Filter, fast immer auch für monochrome Aufnahmen, und spätestens bei der Nachbearbeitung lassen sich Farbaufnahmen sehr einfach in monochrome verwandeln. Wozu also Geld ausgeben für eine Kamera, die nur das kann und nicht mehr? Der Test lässt sich auf diese Frage ein, gibt aber auch klare Antwort darauf, wie sich die Leica M11 Monochrom in Praxis und Labortest schlägt.

Pure Retro-Romantik

Typisch für eine Leica und so auch bei der M11 Monochrom vorzufinden: schlichtes Design, reduziert auf das Wesentliche, sowohl hinsichtlich der Formsprache als auch funktional. Von der verwandten Leica M11 ist die Monochrom-Version äußerlich fast nicht zu unterscheiden. Einzig das Leica-Logo ist hier in Schwarz statt in Rot gehalten und gibt so einen dezenten Hinweis. Auf Bildern wirkt es so, als wäre die Kamera im schlanken Gehäuse ohne Handgriff ein Leichtgewicht. In der Realität wiegt sie samt Akku stolze 542 Gramm. Das ist im Vergleich zu Vollformat-Schwergewichten wie der Nikon Z8 mit 910 Gramm immer noch leicht. Aufgrund der klassischen Bauweise ohne Handgriff wirkt sie allerdings manchmal etwas schwerer, geradezu wuchtig. Insgesamt liegt die Leica M11 Monochrom aber gut und griffig in den Händen. Das Aluminium-Gehäuse ist tadellos verarbeitet und wirkt wertig und widerstandsfähig.

Der Akku findet ohne Klappe im Gehäuse Platz, springt per Hebelschalter heraus. Damit er nicht auf den Boden plumpst, ist ein weiterer Druck auf den Akku nötig, um ihn dann ganz entnehmen zu können. Dieser reduzierte, einfache aber durchdachte Mechanismus kann als stellvertretend für das Konzept der Kamera betrachtet werden. Na ja, fast. Etwas umständlich gestaltet sich die Gurt-Befestigung. Die zwei Ringe ähneln den Ringen, die man sonst an Schlüsselanhängern findet. Das lästige Gefummel ist aber schnell vergessen, wenn das weiche Lederband sich um den Nacken schmiegt und es dann ans Fotografieren geht. Die Tastenanordnung als aufgeräumt zu bezeichnen wäre noch eine maßlose Untertreibung.

Nahaufnahme einer kamera.
Selbst Hand anlegen: Die Leica M11 Monochrom setzt auf die klassische Kamera-Bedienung und reduziert die Bedienelemente auf das Wesentliche. Diese sind, wie hier für die Verschlussdauer, sehr gut erreichbar. © IMTEST

Reduziertes Bedienkonzept

Links neben dem Monitor blickt man auf drei Tasten für die Medienwiedergabe, den Live-View-Modus und die Einstellungen. Rechts vom Monitor gibt es ein Vier-Wege-Kreuz, etwas darüber ein Einstellrädchen – das war’s. Auf der Oberseite sind noch ein Einstellrad für die ISO-Empfindlichkeit links und für die Belichtungsdauer rechts, daneben Auslöser und ein weiterer Knopf. Der lässt sich wie auch die Taste für den -Live-View frei belegen, etwa mit der Fokus-Hilfe oder der Belichtungskorrektur. Auch das ist so unkompliziert wie das Design: Einfach die Taste länger gedrückt halten und die Funktion aus der Liste wählen. Die Rastung der Einstellräder und Druckpunkte der Tasten sind knackig und präzise, alle Bedienelemente sind sehr gut zu erreichen.

Die Blende ist übrigens ausschließlich am Objektiv einzustellen. Das war im Test in Verbindung mit dem APO Summicron-M f2.0/35mm manchmal etwas fummelig. Da beide Einstellringe an dem kompakten Objektiv sehr nah beieinanderliegen, führte das gelegentlich zur versehentlichen Verstellung des Fokus oder der Blende. 

Extras fehlen extra

Videodrehs sind mit der M11 Monochrom nicht drin, passt auch nicht ins Konzept. Fotos landen wahlweise auf der SD-Karte oder dem internen Speicher, der 256 Gigabyte umfasst. Datenaustausch gelingt per Kabel oder mit der kostenlosen App Leica Fotos. Die Einrichtung gelingt schnell und unkompliziert, die App ist sehr einfach und übersichtlich gehalten. Geschossene Bilder lassen sich einsehen und auf das Smartphone oder via AirDrop direkt an ein anderes Apple-Gerät weiterleiten, sehr praktisch. Wem die Mischung aus modernem Minimalismus und Retro-Romantik neu ist, der muss sich erst mal an die andersartige Bedienung gewöhnen.

Nahaufnahme einer Leica Kamera.
Per Hebel-Betätigung springt der Akku heraus, eine Klappe ist nicht nötig. © IMTEST

Programmwahlrad? Gibt es nicht. Autofokus? Nicht vorhanden. OLED-Sucher? Fehlanzeige. Fokussieren erfolgt ausschließlich manuell, erfordert besonders über den optischen Messsucher Übung. Das ist bei der M-Serie der Standard. Alternativ markiert die Fokushilfe per Live View scharfgestellte Bildbereiche rot (Focus Peaking). Kurzum: Nichts für Anfänger. Oder doch? Anfangs vermisst man den Komfort der zahlreichen Extras einer modernen Kamera. Aber dann widmet man sich dem Vorhandenen mit ungeteilter Aufmerksamkeit – und das macht Spaß. So gesehen rückt die M11 Monochrom wie für Leica typisch die Grundsätzlichkeiten der Fotografie wieder in den Vordergrund, back to basics, ohne Schnickschnack, die Extras fehlen extra. Statt schneller Schnappschüsse gilt es, sich Zeit zu nehmen. Zu dieser Philosophie passt auch der Monochrom-Sensor und es wird plötzlich klar, warum Leica solche bereits seit elf Jahren entwickelt.

Schwarz-Weiß-Aufnahme einer Statue.
Mit der Schärfentiefe spielen macht mit der Leica M11 Monochrom zwar Spaß, mehr aber noch, wenn dunkle Bildbereiche (die Figur) und helle (der Hintergrund) den Effekt zusätzlich verstärken. © IMTEST

Schwarz-Weiß-Malerei

Erfahrene Fotografen wissen, wie wichtig der gekonnte Umgang mit Licht für die gelungene Aufnahme ist, ob im Studio oder unter freiem Himmel, ob mit künstlichem oder natürlichem Licht. Es bestimmt die Formen, die Stimmung, lenkt unseren Blick und inszeniert das Motiv. Schatten  sind dabei nicht zwangsläufig ein Hindernis und können im Gegenteil ein kreatives Gestaltungsmittel sein. Mit einem Monochrom-Sensor schießt sich der Fotograf genau auf dieses Spiel von Licht und Schatten ein. Gelingt das, belohnt die Leica M11 Monochrom mit eindrucksvollen Aufnahmen, so auch im Test. Im Praxis-Test lieferten diese herausragende Detailschärfe und beeindruckende Bilddynamik. Der theoretische Vorteil eines Monochrom-Sensors ist dabei schon sichtbar.

Kurzer Exkurs: Um farbige Aufnahmen zu bewerkstelligen, liegt über dem Bildsensor ein Farbfilter, meist die Bayer-Matrix. Dieser besteht aus Farb-Feldern, ähnlich angeordnet wie auf einem Schachbrett, wobei jedes Feld rot, grün oder blau ist (grüne Felder sind doppelt vertreten). Entsprechend liefert dann jeder darunter liegende Pixel auf dem Bildsensor Farbinformationen. Nachteil: Da jedem Farbfeld ein Pixel zukommt, reduziert das die tatsächliche Auflösung auf ein Viertel. Ein Monochrom-Sensor hingegen verzichtet auf den Filter, erfasst ausschließlich Helligkeiten und keine Farben, wodurch in der Theorie deutlich schärfere Bilder und höhere Kontraste möglich sind. 

Leica M11 Monochrom im Testlabor

Farbmessungen fallen logischerweise weg und werden nicht bewertet, ansonsten volles Programm im Testlabor. Für den fehlenden Autofokus müssen wir die Note 6 vergeben, da er schlichtweg nicht vorhanden ist. Exzellent schneidet die Kamera mit ihrem BSI-CMOS-Sensor und dessen 60,3 Megapixeln bei der Detailauflösung ab. Über alle ISO-Empfindlichkeiten hinweg übertrifft die erreichte Auflösung die theoretisch maximal mögliche (Nyquist-Frequenz) deutlich. Mit 4.108 Linienpaaren pro Bildhöhe ist der Detailgrad der absolute Wahnsinn. Selbst bei ISO 25.000 sind die Werte noch sehr hoch. Die Kantenschärfung arbeitet etwas unausgewogen mit Hang zu dunklen Bereichen, ist insgesamt aber noch sehr gut. Der Signal-Rausch-Abstand bleibt bei ISO 125 überaus groß, verringert sich dafür recht rapide, erreicht bei ISO 1.600 den kritischen Bereich. Ohne starke Vergrößerung der Bilder ist von dem Bildrauschen aber kaum etwas zu sehen. Die Eingangsdynamik ist erwartungsgemäß hoch, allerdings ebenfalls nur bis ISO 1.600. Bildkontrast und Weißabgleich sind dafür perfekt. In der Summe erntet die M11 Monochrom damit eine sehr gute Note für die Bildqualität.

Schwarz-Weiß-Aufnahme einer Mauer.
Geringe Bilddynamik und wenig Kontrast im Motiv, lassen es wie eine ­Bleistiftzeichnung wirken. © IMTEST

Vergleich zu anderen Modellen

Natürlich ist die M11 Monochrom nicht das einzige Modell mit Monochrom-Sensor auf dem Markt, aber die Auswahl an Alternativen ist gering. Die Leica Q2 Monochrom verfügt ebenfalls über einen Vollformat-Sensor, mit 47 Megapixeln etwas geringer auflösend, dafür aber auch über einen Autofokus und einen OLED-Sucher. Und als Kompaktkamera lässt sich das Objektiv nicht wechseln. Pentax hat die K-3 Mark III Monochrome im Angebot. Die Spiegelreflexkamera verfügt über einen APS-C-Sensor mit 26 Megapixeln und ist insgesamt moderner ausgestattet.

Fazit

Es ist immer schwierig, einen Exoten angemessen zu bewerten. So auch hier: Die Leica M11 Monochrom bleibt teilweise unvergleichbar. Das Konzept aus Design, manueller Bedienung und Schwarz-Weiß-Fotografie passt aber toll zusammen. Und rein technisch bietet die Kamera höchste Bildqualität, eben ohne Farbe. Ein bisschen Farbverständnis gehört dann aber doch dazu, um mit der rosaroten Brille über den sehr hohen Preis hinwegzusehen.

  • PRO
    • Enorme Detailauflösung, insgesamt sehr hohe Bildqualität, Retro-Charme, sehr gute Bedienung.
  • KONTRA
    • Sehr hoher Preis, magere Ausstattung unter anderem kein Autofokus, kein OLED-Sucher.
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