Veröffentlicht inGaming

Assassin’s Creed Nexus VR im Test: Der ganz persönliche Animus?

Klettern, Kämpfen und Schleichen in VR.

Titelbild des Action-Adventures Assassin's Creed Nexus VR
© Ubisoft

VR und Assassin’s Creed gehören bereits seit 2007 fest zusammen. Denn wenn man es genau nimmt, ist Assassin’s Creed seit Teil 1 die Mutter aller VR-Simulationen. Die digitalen Zeitreisen von Desmond Miles in die Erinnerungen von Altair, Ezio oder Connor sind im Grunde auch nur sehr fortschrittliche Varianten aktueller VR-Headsets wie der Meta Quest 3. Kein Wunder also, dass spätere Teile der Action-Adventure-Reihe wie Black Flag oder Unity sogar Bezug auf VR-Brillen ihrer Zeit nahmen.

  • Meta Quest 2 & 3, Meta Quest Pro
  • 39,99 Euro
  • 15 Stunden
  • Ab 18 Jahren
  • 16 GB
  • Action-Adventure

Assassin’s Creed Nexus VR: Ab in den Animus

Mit Assassin’s Creed Nexus VR geht Ubisoft jetzt den konsequent nächsten Schritt. Erstmals kann der Spieler selbst in die VR-Vergangenheit reisen, um im ewigen Konflikt zwischen Templern und Assassinen seine Spuren zu hinterlassen. Als namenloser Hacker muss man im Auftrag der Bruderschaft die Reihen des Templer-Megakonzerns Abstergo infiltrieren, und die Machenschaften der Bösewichte zu sabotieren. Abstergo selbst ist auf der Suche nach uralten Computerteilen, welche den Templern noch mehr Macht verleihen sollen. Dafür müssen Erinnerungen alter Bruderschafts-Bekannter – namentlich Ezio, Kassandra und Connor – aufgesucht werden.



Passend für das VR-Medium ändert sich zunächst die Perspektive. Anstatt den jeweiligen Assassinen-Helden aus der Verfolgerperspektive zu steuern, schlüpft man direkt in den Mantel der Bruderschaft. Gleichzeitig wird das Action-Adventure deutlich greifbarer – im wahrsten Sinne des Wortes. Alle Assassin’s-Creed-Grunddisziplinen, also Schleichen, Klettern und Kämpfen, werden nämlich eigenhändig ausgeführt. Möchte man eine Leiter oder Wand erklimmen, muss per Griff mit dem Motion-Controller zugepackt werden, bevor man sich auf Vorsprünge oder Dächer zieht. Im Kampf gilt es, die Angriffe der Feinde zu parieren, bevor man mit dem Schwert austeilt. Und ist man leise unterwegs, können die Wachen elegant mit der versteckten Klinge eliminiert werden.

Assassin’s Creed Nexus VR: Ein echtes Spiel!

Dabei muss man Ubisoft zugutehalten, dass sich hinter Assassin’s Creed Nexus VR keine abgespeckte, kurze VR-“Erfahrung” versteckt. Stattdessen verbinden die Entwickler alle genannten Elemente zu einem echten Action-Adventure. Der Spieler kämpft und schleicht sich aktiv durch halboffene Levels. Man erklettert Monumente, wählt Routen und überwältigt Feindesgruppen. An vielen Orten können zudem zusätzliche Herausforderungen absolviert werden, etwa die typischen Parcours-Rennen gegen die Zeit. Zudem sind an vielen Orten historische Erklärungen platziert, die etwas informatives Licht ins Zeitreise-Dunkel bringen.

Screenshot aus Assassin's Creed Nexus VR.
Schwer zu vermitteln: Screenshots aus VR-Spielen sind selten so eindrücklich, wie die Erfahrung selbst. Hier im Bild: Griechische Architektur. © IMTEST / Ubisoft

Auch die einzelnen Spielelemente sind ordentlich miteinander verwoben. Kletter-, Schleich- und Kampfpassagen wechseln sich ähnlich organisch wie in der Hauptreihe ab, zudem sind immer wieder kleine Such- und Rätselaufgaben eingestreut, die gerade in VR ein stärkeres Gefühl für Räume und Architektur erzeugen. Auch Dialoge und Erzählsequenzen gibt es, mit denen die Handlung vorangetrieben wird. Spannend: Einige Gespräche finden in AR-Calls statt, die Spielelemente ins eigene Wohnzimmer projizieren. Auf diese Weise verbindet sich Spiel mit Realität – ein cooler Effekt. Generell sind aber vor allem die Gebäude das große Pfund von Assassin’s Creed Nexus VR. Hoch aufragende Tempel oder italienische Villen wirken in VR noch eindrücklicher als am flachen Bildschirm. Gleichzeitig bleiben sie ähnlich frei erklimmbar wie an Konsole oder PC, was in VR für deutlich mehr Herzklopfen sorgt.

Assassin’s Creed Nexus VR: Unterstützung für VR-Neulinge

Das wissen auch die Entwickler, die mit vielen, kleinteilig einstellbaren Komfort-Optionen dafür gesorgt haben, dass Nexus VR auch für VR-Einsteiger spielbar bleibt. So gibt es etwa dynamische Vignetten, eingeschränkte Bewegung per Teleportation oder schrittweises Drehen der Spielfigur, was der typischen Übelkeit (Motion-Sickness) vorbeugen soll. Zudem gibt es Hilfen für Menschen mit Höhenangst, die von den Kletterpartien auf großen Gebäuden überwältigt werden. Hier werden unter anderem Hilfslinien eingeblendet, welche das Gehirn austricksen können.



Die Steuerung von Assassin’s Creed Nexus VR funktioniert insgesamt solide, im Test gab es aber gerade im Sitzmodus ein paar Probleme mit der Präzision. Gerade beim Klettern ist es oftmals notwendig, recht präzise Bewegungen vorzunehmen. Besonders deutlich wird dies, wenn man an Stangen schwingen bzw. sich von Griffen abstoßen muss, um höhere Positionen zu greifen. Hier erkennt das Spiel die Bewegungen teilweise nicht – oder falsch. Das sorgt für ärgerliche Abstürze. Insgesamt sind die Inputs aber recht präzise.

Parcours per Tastendruck, simpler Kampf

Schön ist auch, dass die Entwickler es geschafft haben, den prägenden Parcours auch in VR zu überführen. Per Druck auf die A-Taste springt die Spielfigur automatisch über Hindernisse und Abgründe, sodass auch aus der Ego-Perspektive ein guter Bewegungs-Flow entsteht. Besonders eindrucksvoll ist natürlich der “Leap of Faith”, der auch in der virtuellen Realität zelebriert wird. Mit ausgebreiteten Armen und per Sprung-Bewegung wirft man sich von Dächern und Türmen in kleine Heuhaufen. Dies ist ohne Komfort-Hilfe aber nur gestählten VR-Veteranen zu empfehlen.

Screenshot aus Assassin's Creed Nexus VR. Der Spieler steht einem Schwertkämpfer in einem Verlies gegenüber
Das Kampfsystem von Assassin’s Creed Nexus VR ist deutlich zu simpel. Rechts im Bild: die virtuelle “Nase” des Spieler – ein Komfortfeature zur Übelkeits-Vermeidung. © IMTEST / Ubisoft

Etwas zu einfach ist der Kampf. Die Mechanik basiert im Kern auf einfacher Parade und Reposte. Dazu kommt ein Dash, um unblockbaren Attacken der Feinde auszuweichen. Zwar fühlt sich die Steuerung hier gut und direkt an, tatsächlich wäre etwas mehr Finesse, gerade bei der Trefferabfrage schön gewesen. So bleiben die Gefechte ein einfacher Geschicklichkeitstest – wenngleich der aufgrund der Bewegungssteuerung durchaus sportlich bleibt. Ordentlich ist auch die Schleichmechanik, wenngleich die Gegner aus Fairnessgründen gleichermaßen kurzsichtig und schwerhörig sind.

Dem Ziel mit einem gelungenen Sprungangriff aber die versteckte Klingen in den Körper zu rammen, ist aus der Ego-Sicht aber noch etwas befriedigender als in der Hauptreihe. Zudem gibt es u.a. auch Wurfmesser und Kassandras Bogen, um Feinden das Lebenslicht auf Distanz zu löschen. Gerade der Bogen lässt sich hervorragend bedienen, was für viel Spaß in VR sorgt.

Technik im Rahmen ihrer Möglichkeiten

Visuell ist Assassin’s Creed Nexus VR ein zweischneidiges Schwert. Einerseits überzeugt die Umgebung mit schöner Architektur und vielen Stadtbewohnern, im technischen Detail ist man bei Oberflächen, Beleuchtung und Geometrie aber deutlich von PC-Krachern wie Half-Life: Alyx entfernt. Hier fehlt es an Tiefe und Details – nicht zuletzt bei den Objekten, die aus Truhen und Schränken gegriffen werden können. Zudem gibt es beim Wechsel zwischen Innenraum und offener Welt immer wieder Ladezeiten, die den Spielfluss spürbar unterbrechen.

Das ist aber auch kein Wunder: Nexus VR ist für die Meta-Quest-Hardware konzipiert. Und die basiert – aller Leistung zum Trotz – eben nur auf einem Mobile-Chip. Für diese Hardware scheint das Action-Adventure aber recht ordentlich optimiert. Allerdings gibt es dennoch ein paar kleinere Ruckler. Zudem stürzte das Spiel im Test zweimal ab. Das ist kein Drama, in VR aber ein recht abrupter Abbruch der Immersion.

Fazit

Der Sprung in die virtuelle Realität gelingt: Zwar ist Assassin’s Creed Nexus VR nicht in allen Bereichen wegweisend, insgesamt gelingt es den Entwicklern aber, die grundlegenden Elemente von Assassin’s Creed ordentlich auf das VR-Medium zu übertragen. Die Exklusivität für die Meta-Plattformen ist dabei Fluch und Segen zugleich – einerseits ist es beeindruckend, dass diese Erfahrung auf Standalone-Plattformen mittlerweile möglich ist. Gleichzeitig wird die Technik des Spiels aber durch die Optimierung auf den Mobile-Chip der Meta Quest 3 spürbar limitiert. Insgesamt ist Nexus VR aber ein ordentlicher Ausflug, der zeigt, welche spannende Wege das Medium Videospiel in Zukunft einschlagen könnte.

  • PRO
    • Vollständiges VR-Abenteuer, solide Technik, gute Umsetzung der Assassin’s-Creed-Tugenden, eindrucksvolle Architektur, gute Komfort-Optionen
  • KONTRA
    • Technisch etwas limitiert, Steuerung zum Teil etwas ungenau (Klettern und Schwingen), Kampfsystem spürbar zu simpel

IMTEST Ergebnis:

gut 2,4