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FIFA 22 für PS5 im Test: Fußball-Fest trotz Mikrotransaktionen?

Wieso „FIFA 22“ nicht perfekt, aber dennoch der nächste Schritt für Electronic Arts’ Fußballserie ist, zeigt der Testbericht.

Spiel mit Spieler von der Seite, der nach oben schaut in blauem Trikot vor Himmel mit Sonnenuntergang und Fifa Schriftzug
© EA

Electronic Arts Fußballserie „FIFA“ gehört zu den erfolgreichsten Spielemarken überhaupt. In den vergangenen vier Jahren führten die Ableger in Deutschland die Verkaufscharts an. Weltweit bescherten die Spiele dem Unternehmen dank integrierter Mikrotransaktionen Milliardenumsätze. Dass dabei die Qualität zuletzt stagnierte, störte wohl nur die ärgsten Kritiker.

Doch das soll sich in diesem Jahr und ausschließlich auf PlayStation 5 und Xbox Series X/S ändern. Denn nur dort verspricht Electronic Arts die ganz großen Innovationen dank Hypermotion-Gameplay-Technologie und anderen Verbesserungen. Aber garantiert Exklusivität in diesem Fall auch Qualität? Der Test zur PS5-Version von „FIFA 22“ gibt Aufschluss darüber!

Produktdetails

  • 74,99 Euro
  • USK 0
  • PS4, PS5, PC, Xbox One, Xbox Series S/X

FIFA 22 mit Unterschieden zwischen den Plattformen

Im vergangenen Jahr lieferte Electronic Arts noch ein kostenloses Upgrade für PlayStation 4 und Xbox Series X/S. Wer also die Version für Xbox One oder PlayStation 4 kaufte, konnte damals problemlos aufstocken. Das ist in „FIFA 22“ nicht mehr möglich! So gibt es zwei Versionen des Spiels: Nur die Variante für PlayStation 5 und Xbox Series X/S besitzt alle wertvollen Neuerungen. Die Version für PC, PlayStation 4 und Xbox One ähnelt dagegen „FIFA 21“ stark und erinnert eher an ein Update.

Screenshot BVB Fankurve
Wenn Borussia Dortmund aufmarschiert, dröhnt aus den Lautsprechern die Stadionhymne „Heja BVB“. © EA, IMTEST

Wer noch eine alte Konsole besitzt, aber für die Zukunft die Anschaffung von PlayStation 5 oder Xbox Series X/S anpeilt, sollte den Kauf der 100 Euro teuren Ultimate Edition in Betracht ziehen. Nur hier sind Versionen für beide Generationen enthalten. Es gibt kein direktes Upgrade für PS5 und Xbox Series X/S. Kaufen Nutzer jetzt die PS4-Version und wollen später die PS5-Variante, müssen sie ohne Ultimate Edition noch einmal den vollen Kaufpreis bezahlen.

Als PC-Spieler gibt es dieses Problem nicht. Hier gibt es nur eine Variante. Ganz egal, wie leistungsstark das System ist – Hypermotion und Co. bleiben PlayStation 5 und Xbox Series X/S vorbehalten.

Screenshot Zwei Spieler, einer in weiß, einer in lila
David Beckham ist nur einer von vielen Stars im Tutorial von „FIFA 22“. © EA, IMTEST

Trainingsspiel mit Thierry Henry und David Beckham

Das Spiel startet mit einer schön inszenierten Einführungssequenz, die Sie mit den Neuerungen vertraut macht. Hier basteln Sie sich zunächst Ihren Avatar, ehe Sie sich auf dem Weg zum Probetraining bei Paris St. Germain machen. „FIFA 22“ präsentiert so spielerisch und sympathisch neue Funktionen wie die leicht angepassten Dribblings oder Pässe. Für massiven Wiedererkennungswert sorgen Gastauftritte von Sportstars wie David Beckham, Thierry Henry oder F1-Piloten Lewis Hamilton.

Dieses Erklär-Level ist nur ein Teil der Hilfefunktionen für Einsteiger und Anfänger. Dank vielfältiger Anpassungsmöglichkeiten bis hin zur Rückspulfunktion in Freundschaftsspielen bietet „FIFA 22“ eine enorme Optionsfülle zum Anpassen des Schwierigkeitsgrads.

-screenshot Tabellen auf dunkelblauem Hintergrund
Statt Juventus Turin finden Sie in „FIFA 22“ nur Piemonte Calcio. © EA, IMTEST

Großes Lizenzpaket mit kleinen Lücken

Electronic Arts fährt auch in „FIFA 22“ ein breites Lizenzpaket mit Original-Spielerdaten, Team-Namen, Stadien und Pokalwettbewerben auf. Darin enthalten sind u.a. Top-Ligen wie die Bundesliga, die britische Premier League oder die spanische LaLiga. Auch dürfen Sie etwa die UEFA Champions League und den südamerikanischen Conmebol Libertadores ausfechten.

Screenshot Spielfeld mit Spielern
Garreth Bale setzt sich im Zentrum durch und schießt den Ball in den Winkel. © EA, IMTEST

So prall gefüllt das Portfolio sein mag, so finden sich in „FIFA 22“ mehr Lizenzlücken als von der Serie gewohnt. In der italienischen Serie A ersetzt beispielsweise Piemonte Calcio den Traditionsclub Juventus Turin. Hier fehlen Logo und Stadion, aber zumindest die Kader sind mit Original-Daten versehen. Härter trifft es die Nationalmannschaften: Über 15 Teams – darunter die Schweiz, die Türkei, Slowenien, Chile und afrikanische Auswahlen wie Kamerun, Südafrika oder die Elfenbeinküste – sind nicht mehr dabei.



FIFA 22 „Fast wie echter Fußball …“

Auf PlayStation 5 hinterlässt „FIFA 22“ einen technisch blitzsauberen Eindruck und sorgt von der ersten Sekunde an für Stadionatmosphäre. Clubs wie Borussia Dortmund betreten den Rasen zu ihren traditionellen Hymnen und auf den Tribünen tummeln sich Scharen virtueller Zuschauer.

Neben Details wie etwa dem Faltenwurf bei den Trikots fallen in der PS5-Version vor allem die drastisch verbesserten Animationen und der insgesamt stimmigere Spielablauf auf. Das Bild wirkt insgesamt ruhiger und natürlicher. Der Spielaufbau ist weit weniger hektisch. Dank 4K-Auflösung, erweiterter Lichteffekte und über 4.000 neuer Animationen ist „FIFA 22“ zweifellos der bislang schönste Serienableger.

Screenshot Spielfeld
In der Arcade-Playlist finden sich witzige Mini-Spiele. Hier müssen Sie etwa Bälle erobern und Eigentore schießen. © EA, IMTEST

Keine Volta-Story, dafür mehr Spaß

Mal von der eingangs erwähnten Einführungssequenz abgesehen verzichtet Electronic Arts in „FIFA 22“ auf Story-Elemente. Stattdessen dreht sich im Volta-Straßenkick-Modus alles um den eigenen Avatar und den puren Spaß am Spiel. „FIFA 22“ geht stärker in Richtung Funsport und nimmt Anleihen am Klassiker „FIFA Street“. Dies unterstreicht man durch die Hinzunahme von Spezialfertigkeiten und Aufladebalken. Wer durch Tricks genug Energie gesammelt hat, feuert Power-Schüsse ab oder rennt mit Super-Sprints der Konkurrenz davon. Noch wilder wird es in Arcade-Playlists, in denen Sie online in Mini-Spielen konkurrieren. Kurzum: Volta ist kurzweiliger Spaß – mehr aber auch nicht.

Screenshot Tabelle mit rotem Feld und Balkendiagrammen
Fast wie in einem Rollenspiel: In der Spieler-Karriere verteilen Sie Talentpunkte und bestimmen Spezialfähigkeiten. © EA, IMTEST

Die Karriere-Optionen und der Weg nach oben

Die Karriereoptionen splitten sich in „FIFA“ in Manager- und Spieler-Karriere. Im Manager-Modus bestreiten Sie zwar optional auch die Matches, kümmern sich aber in erster Linie um Neuverpflichtungen und andere Belange im Verein. Electronic Arts erweiterte diese Option im Vorjahr merklich und brachte so mehr Tiefe ins Spiel. In „FIFA 22“ dürfen Sie nun ihren eigenen Club erstellen, individualisieren und in ihrer Wunschliga antreten lassen.

In der Spieler-Karriere steht dagegen Ihr Avatar und sein Fortschritt im Fokus. Wie in einem Rollenspiel sammeln Sie durch Trainingserfolge in Mini-Spielen Erfahrungspunkte und erkämpfen sich das Vertrauen des Trainers, indem Sie in den Liga- und Pokal-Duellen Aufgaben erfüllen. Durch Stufenaufstiege freigeschaltete Talentpunkte investieren Sie in Erweiterungen und schalten im Verlauf sogar Spezial-Fähigkeiten frei. Die Spieler-Karriere ist insgesamt motivierender als zuvor und dank möglicher Transfers und anderer Verhandlungen spannend umgesetzt.

Screenshot mit Reiter mit Spielern und ihre Werte
Auf dem virtuellen Transfermarkt verhökern Spieler ihre überschüssigen Karten für Ingame-Währung. © EA, IMTEST

FIFA Ultimate Team bleibt EA’s Goldgrube

Die meiste Zeit verbringen Sie aber wahrscheinlich mit FIFA Ultimate Team (kurz: FUT). Hier geht es weiterhin um den Aufbau einer möglichst starken Mannschaft. Die unter anderem von Faktoren wie der Nationalität beeinflusste Team-Chemie bestimmt letztlich, ob Ihre Stars auch ihr volles Potenzial ausspielen. Entsprechend gibt es bei FUT viel Spielraum zur Optimierung des eigenen Kaders. Spieler und andere Objekte wie etwa Choreos für das eigene Stadion erstehen Sie in so genannten Packs – entweder mit Echtgeld oder einer mühsam erspielten Ingame-Währung.

Genau für diesen Mechanismus heimste Electronic Arts in den vergangenen Jahren viel Kritik ein. Der Vorwurf: Glücksspiel. Schließlich war die Chance auf Star-Spieler extrem gering und kaum kalkulierbar. Dem wirkt Electronic Arts nun mit einer Vorschau-Funktion entgegen – für zwei Karten-Packs täglich. So erkennen Sie deren Inhalt und entscheiden danach, ob Sie diese kaufen möchten oder nicht. Am Grundproblem ändert das leider herzlich wenig und so bleibt FUT Pay-To-Win. Spielerisch passt man FUT leicht an – etwa mit Saisonfortschritten in den Division Rivals oder erweiterten FUT-Champions-Turnieren. Die großen Überraschungen bleiben in FUT deshalb aus. Hier betreibt Electronic Arts eher Detailarbeit.

Screenshot Trikotauswahl
In der Manager-Karriere erstellen Sie nun Ihren eigenen Club und führen diesen zur Meisterschaft. © EA, IMTEST

Gewaltiger Umfang – besonders für Online-Spieler

Das gilt auch für die übrigen Spielarten: In den Pro Clubs etwa wird „FIFA 22“ zum virtuellen Bolzplatz, wo jeder nur einen einzelnen Spieler übernimmt. Hier dürfen nun auch weibliche Fußballer-Modelle mit auf den Platz und ein erweitertes Lobby-System erleichtert das gemeinsame Spiel mit Freunden. Im spontanen Spiel hängt der Spaß allerdings stark von den übrigen Teilnehmern der Partie ab. Falls Sie einmal etwas anderes probieren möchten, bieten die Hausregeln in Freundschaftsspielen ungewöhnliche Ideen wie Tormultiplikatoren oder andere Funktionen. Für Abwechslung ist in „FIFA 22“ dank der vielen verschiedenen Optionen auf jeden Fall gesorgt.

Screenshot Spielfeld mit spielenden Spielern
Im Strafraum macht die Defensive dicht. Der Torerfolg gelingt entweder mit Kreativität oder durch schnelle Konter. © EA, IMTEST

Stark verbesserter Spielaufbau

Stagnierten die Vorjahrestitel spielerisch noch stark, ist „FIFA 22“auf dem Platz der lange erhoffte Schritt nach Vorne für die Serie. Die bereits angesprochene Hypermotion-Technologie wirkt sich stark auf das Verhalten der virtuellen Kicker und den Spielablauf aus. Besonders auffällig: Das Kurzpassspiel profitiert massiv und ist gerade im Aufbauspiel absolut notwendig. Nur so können sie nämlich Räume für Stürmer und Flügelspieler öffnen. Die Steuerung reagiert insgesamt direkter auf Kommandos und erlaubt so Befehle in letzter Sekunde.

Die große Stärke von „FIFA 22“ liegt zweifellos in der größeren Flexibilität. Ob über die Flanken, mit Dribblings und Doppelpässen durch das Zentrum oder gar per Konter – Vieles hängt von den eigenen Vorlieben und der persönlichen Spielweise ab. Das Game unterstützt dies durch das im Vergleich zu den Vorjahren deutlich aufgewertete Mitspielerverhalten und die realistischere Ballphysik. Auch die Torhüter agieren anders: Sie parieren Schüsse aus der Distanz verlässlicher als zuvor, spielen aber auch deutlich offensiver. Im Test kam es immer wieder zu Kollisionen mit Mit- oder Gegenspielern – inklusive merkwürdiger Verrenkungen.

Screenshot Mannschaft in weißen Trikots in Reihe aufgestellt mit Jungen in blauen Trikots davor
Bei den Einzügen ins Stadion dürfen natürlich Kinder an der Seite der Stars nicht fehlen. © EA, IMTEST

FIFA 22 mit Schwächen in der Spielbalance

So sinnvoll viele der Neuerungen auf dem Platz auch sein mögen, so besitzt auch „FIFA 22“ seine Schwächen. Beispielsweise agieren Außenverteidiger und Flügelspieler zu oft zu offensiv. Das Ergebnis: Sie laufen entweder ins Abseits oder reißen gar eine Lücke in die eigene Defensive. Gerade in Mehrspieler-Duellen gehören Konter über die Außen zu den wichtigsten Mitteln zum Torerfolg.

Die Defensiv-Mechanik bleibt problematisch: Verteidiger reagieren einen Tick zu langsam und scheinen im Eins-gegen-Eins benachteiligt. Besonders schnelle Spieler wie Leroy Sané oder Kylian Mbappe haben daher oft leichtes Spiel. Durch die direktere Steuerung führen Sie Dribbelkünstler leichter an Gegenspielern vorbei und verschaffen sich durch weite Pässe oder das Vorlegen des Balls Raum. Die Defensive auf der anderen Seite kommt oft nicht hinterher. Dieses Problem des Ungleichgewichts zwischen Verteidigung und Angriff übernimmt „FIFA 22“ also von den Vorgängern. Schade.

FAZIT

Mit „FIFA 22“ geht Electronic Arts den notwendigen nächsten Schritt. So kundenunfreundlich Preispolitik und Mikrotransaktionen sein mögen, so ist der aktuelle Ableger auf PlayStation 5 das beste „FIFA“ seit Langem und technisch absolute Spitze. Neben der Flut an Lizenzen und Spielmodi glänzt die Fußballsimulation besonders auf dem Platz.

Spielaufbau, Torabschluss und das gesamte Drumherum wirken in sich sehr stimmig und bietet Hobby-Kickern maximale Flexibilität auf dem Weg zum Torerfolg. Perfekt ist das Spiel aber noch nicht und so stimmt die Balance zwischen Abwehr und Angriff noch nicht vollkommen. Trotzdem: „FIFA 22“ fühlt sich mehr wie echter Fußball an als jeder bisherige Serienteil.

  • PRO
    • technisch deutlich verbessert gegenüber dem Vorgänger, Mitspielerverhalten und Spielaufbau näher am echten Fußball, gewaltiger Umfang an Spielmodi und Lizenzen, starker Mehrspieler-Fokus, toll umgesetztes Tutorial und viele Einsteigerfunktionen
  • KONTRA
    • Weiterhin starker Fokus auf Mikrotransaktionen in FUT, Spielbalance zwischen Abwehr und Angriff noch verbesserungswürdig, Torhüter teils zu aggressiv

IMTEST Ergebnis:

gut 1,8