Die Erwin Hymer Group gilt als größter Hersteller von Wohnmobilen und Camper Vans in Deutschland. Gleichzeitig ist sie eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Thor Industries, einem weltweit führenden Hersteller von Freizeitfahrzeugen. Vieles spricht also dafür, dass Hymer auch hochwertige Camping-Kastenwagen fertigen kann. Ob das auch für den Hymer Free 600 aus dem Modelljahr 2023 gilt, klärt der Test.

Produktdetails
- Basis-Fahrzeug: Fiat Ducato 8
- Leistung: 103 kW (140 PS)
- Sitz- und Schlafplätze: 4 / 4
- Preis Testfahrzeug: 78.840 Euro
Doch damit nicht genug: Im Modelljahr 2023 wurden noch weitere Modelle getestet.
Weitere Testergebnisse von den Camping-Kastenwagen gibt es hier:
- Forster Livin‘ Up V 599 VBL
- Sunlight Cliff 540 RT Adventeure Edition
- Volkswagen Grand California 600
- Weinsberg Weinsberg CaraTour 600 ME
Solides Gesamtkonzept
Ohne Frage wird die erste Visitenkarte eines Camper Vans zunächst einmal im Fahrerhaus überreicht. Ist es großzügig gestaltet? Sind die dort anzutreffenden Armaturen übersichtlich und gut durchdacht angeordnet? Wirkt alles wie aus einem Guss? Ist ausreichend Platz in der Ablage vorhanden? Gelingt die Bedienung wesentlicher Elemente wie Navigieren, Klimaanlage oder auch Musikanlage an Bord nahezu intuitiv? Sind die Sitze einfach zu verstellen und gleichzeitig bequem? Im Falle des Hymer Free 600 lassen sich diese Fragen mit „ja“ beantworten. Genau wie der Sunlight CLIFF 540 RT Adventure Edition und der Weinsberg CaraTout 600 ME basiert der kompakte Camper auf einem aktuellen Fiat Ducato 8 mit 104 kW (140 PS) und Sechs-Gang-Schaltgetriebe.

Im Falle des Free 600 (Länge: 599 Zentimeter, Breite: 208 cm, Höhe: 289 cm) setzt Hymer aber beim sogenannten Naviceiver auf Fiats größtes Farb-Display (10 Zoll). Darüber lässt sich nicht nur via Touchscreen die Klimaautomatik für das Fahrzeug regeln, sondern auch Apple CarPlay und Android Auto für entsprechende Smartphones betreiben. Es zeigt zudem die von der Rückfahrkamera gesendeten Bilder mit dynamischen Führungslinien übersichtlich an. Außerdem lässt sich dank des Infotainment-Systems auch das integrierte DAB-Radio per Lenkradtasten bedienen. Im Test klappt das richtig gut – genau wie die Sprachsteuerung, um etwa eine Routennavigation einzusprechen. Unterwegs kommt der gut 3 Tonnen schwere Hymer moderat in Schwung. Er liegt stabil (auch bei stärkerem Wind) auf der Straße, lässt sich angenehm schalten, ist dann gerade beim Beschleunigen aber einen Tick zu laut. Und dass trotz seines grundsoliden Ausbaus und teils hochwertiger Materialien – wie die seitlichen Rahmenfenster.
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Sehr viel, aber nicht alles hui
Neben dem Grand California von Volkswagen trägt der Kompakte von Hymer von allen Modellen in diesem Test am ehesten das Prädikat „Schön verarbeitet“. Das zeigt sich beispielsweise an der hohen Qualität der Blenden seiner Schränke und Schubladen sowie an den guten Spaltmaßen, die einzelne Klappen zueinander haben. Oder am Heckbett, das komplett mit einem Lattenrost (zweigeteilt) unterfüttert ist. Dass Hymer hier auf sehr gemütliche Matratzen (je 190 x 150 cm) setzt, versteht sich fast schon von selbst. Eigentlich könnte es jetzt immer so weitergehen.

Doch Hymer hat am Testfahrzeug offenbar auch den Rotstift angesetzt: Lediglich eine 230-Volt-Steckdose befindet sich oberhalb der Küchenzeile, insgesamt gibt es auch nur drei USB-A-Steckplätze und einen USB-C-Anschluss an Bord. Alle weiteren Anschluss-Möglichkeiten, sind mit einer Blende überdeckt und entsprechend nicht nutzbar – wie etwa im Heck des Campers, wo gleich jegliche Anschlüsse fehlen. Offenbar lässt sich Hymer jeden Steckplatz extra bezahlen. Zwei weitere Ärgernisse haben zumindest einen gut gemeinten Hintergrund: Der 84 Liter große und in Stehhöhe beladende Kühlschrank kann Personen mit leichtem Schlaf durchaus nerven – zumal er direkt am Bett positioniert ist. Auch das zentrale Bedienpaneel für die Bord-Heizung, das sich zwar angenehm bedienen lässt, kann in der Nacht stören – das helle Licht seiner Anzeige scheint nämlich direkt ins Bett. Für eine ungestörte Nachtruhe hilft wohl nur gezieltes Abkleben und Ausschalten (Kühlschrank).
Direktes und indirektes Licht
Gut gelöst ist hingegen das Beleuchtungssystem im Free 600: Passive Strahler am oberen Umlauf spenden angenehmes Licht – und verleihen so dem Ess- und Aufenthaltsbereich im Camper eine loungeartige Note. Frei an Stromleisten (über der Dinette und dem Heckbett) positionierbare Strahler leuchten nur dafür ausgewählte Bereiche hell aus. Das Licht über dem noch großzügigen Zwei-Flammen-Gasherd (hier passen zwei Töpfe gleichzeitig nebeneinander) und der etwas zu kleinen Arbeitsfläche lässt beim Schneiden und bei Kochen keine dunklen Zonen aufkommen.
Und es geht noch hoch hinaus
Wird das Aufstelldach geöffnet – was eine Person bequem erledigen kann –, erstreckt sich über 130 x 200 cm ein gemütliches Roof-Top-Bett für zwei erwachsene Personen.

Nach rechts und links lassen sich je halbrunde „Fensterscheiben“ aus durchsichtigem Plastik per Reißverschluss freilegen, nach vorn steckt hinter der Öffnung dann ein Mückennetz.
Fazit
Mit dem Free 600 kommt Hymer dem idealen Camping-Van schon recht nah – etwa bei der hochwertigen Fertigung des Interieurs oder des Cockpits. Ist aber die gelungene Beleuchtung ausgeschaltet, gilt: Der Wagen ist zu dunkel von innen, da er keine Dachluken besitzt.
Imtest Ergebnis:
gut 2,5