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Fahrradanhänger oder Cargo-E-Bike: Welche Lösung überzeugt im Alltag?

Fahrradanhänger oder Cargo-E-Bike? Der große Vergleich zeigt Vor- und Nachteile beider Systeme – damit Familien sicher und flexibel unterwegs sind.

zweigeteiltes Bild: Links Cargo-E-Bike im Anschnitt, rechts ein Fahrradanhänger, in beidem sitzen Kinder
© www.pd-f.de

Familien, die ihre Kinder sicher und umweltfreundlich transportieren möchten, stehen oft vor der Wahl: klassischer Fahrradanhänger oder modernes Cargo-E-Bike? Beide Lösungen haben ihre Stärken – und ihre Schwächen. Doch welches System passt besser zum Alltag, zur Strecke und zu den individuellen Bedürfnissen? In diesem Artikel vergleicht IMTEST beide Transportvarianten und zeigt, worauf Eltern bei der Entscheidung achten sollten.

Sicherheit

Fahrradanhänger für den Kindertransport gibt es seit Jahrzehnten. Sie verfügen über eine stabile Fahrgastzelle. Sicherheitsgurte sollen dafür sorgen, dass Kinder bei einem Crash in der schützenden Fahrgastzelle bleiben. Bei einem Seitenaufprall wird der Anhänger mit großer Wahrscheinlichkeit weder umkippen noch überfahren, sondern seitlich weggeschoben, wodurch bereits sehr viel Anprallenergie absorbiert wird.

Dies bedeutet eine hohe Schutzwirkung für die Insassen, die sicher in der auf beiden Rädern stehenden Fahrgastzelle bleiben, unabhängig davon, ob der oder die Fahrende des Zugfahrrades stürzt oder nicht. Robuste Stoßfänger, ein umlaufender Schutzbügel und ein Schiebebügel, der auch als Überrollschutz fungiert, sind zusätzliche Sicherheitsmerkmale bei hochwertigen Anhängern.



Bei Cargobikes gibt es mittlerweile Sicherheitsboxen aus geschäumtem Kunststoff wie EPP (expandiertes Polypropylen). „Das Material ist aus dem Autobau bekannt und hält auch einem Crashtest eines Autos stand. Die Zeiten, in denen Kinder noch in Holzkisten im Lastenrad transportiert wurden, sollten vorbei sein“, sagt Lothar Schiffner vom Cargobike-Hersteller Ca Go. Die Hartschaumboxen sind so konzipiert, dass sie bei einem Aufprall Energie absorbieren sollen und oft so gestaltet, dass sie den Kopf- und Nackenbereich zusätzlich schützen.

Aber egal, ob Lastenrad oder Anhänger: Eltern müssen darauf achten, dass ihre Kinder stets richtig angeschnallt sind. Bei hochwertigen Produkten ist ein Fünf-Punkt-Gurtsystem verbaut, das die Kinder an den Schultern und der Hüfte bei einem Zusammenstoß sicher im Sitz hält. Dafür müssen allerdings auch alle Gurte angelegt und auf die Körpergröße passend eingestellt sein. Zudem ist das Tragen eines Fahrradhelms zu empfehlen.

Sichtbarkeit

Um bei Dunkelheit und schlechten Sichtverhältnissen gesehen zu werden, müssen Kinderanhänger laut Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) eine aktive Rückleuchte sowie zwei Reflektoren nach vorne und hinten haben. Zusätzlich setzt beispielsweise Croozer auf retroreflektierende Textilbänder, die das Scheinwerferlicht von anderen Fahrzeugen reflektieren. Ein Sicherheitswimpel sorgt für zusätzliche Sichtbarkeit, wenn der Anhänger durch Autos verdeckt wird.

Bei Cargorädern ist die nötige Lichtausstattung bereits am Rad verbaut. Hier können zusätzlich die EPP-Boxen mit reflektierenden Eigenschaften ausgestattet werden, was die Sichtbarkeit nochmals erhöht. Seit 2024 sind auch Blinker für E-Bikes erlaubt, die ebenso für Sichtbarkeit und Sicherheit sorgen können.

Busch+Müller TurnTec

Grafik von zwei Lenkerenden auf weißem Grund, an dem einen ist ein Blinker installiert, an dem anderen ein Bedienpanel

Fahrverhalten

Bevor es richtig losgeht, empfiehlt es sich, sowohl mit dem Anhänger als auch mit dem Cargo-E-Bike, ohne Kinder abseits des Straßenverkehrs ausgiebig zu üben. Bremsen, Notbremsen, Lenken, Kurvenfahren stehen genauso auf dem Programm wie das Passieren von Engstellen und Schwellen. Das Fahrverhalten ist nämlich schon ein anderes als auf einem normalen Fahrrad oder E-Bike, allein schon durch das Gewicht. Nicht selten bringt ein Cargo-E-Bike 60 Kilogramm und mehr auf die Waage – und das ohne Fahrer und Gepäck.

Frau fährt mit einem Cargo-E-Bike eine enge Kurve
Gerade das Fahren von engen Kurven muss man beim Cargo-E-Bike schon etwas üben. © IMTEST / Arnel Mickley

Grundsätzlich unterscheiden sich ein- und zweispurige Cargo-E-Bikes. Der Vorteil von zweispurigen Modellen ist das dritte Rad, was für ungeübte bei der Handhabung erstmal Sicherheit vermittelt.

Während die bislang genannten Konzepte auf kleine Vorderräder und größere Hinterräder setzen, liefert der Kompaktradspezialist I:sy einen weiteren Ansatz: Das Modell „Cargo P12 ZR Maxi“ rollt vorn wie hinten auf 20-Zoll-Rädern. „So lässt sich das Rad auch mit voller Zuladung flink und wendig fahren. Besonders für Neueinsteiger:innen eine Option, weil der Umstieg schnell funktioniert“, sagt Marketingmanager Till Kaletsch.

Cargo-E-Bike in einem Park stehend
Dank seiner kompakten Maße bietet das i:SY ein sehr gutes Fahrverhalten – fast wie mit einem normalen E-Bike. © IMTEST / Kathrin Schräer

Eine weitere Cargobike-Option sind die sogenannten Longtails, also Räder mit verlängertem Gepäckträger. Dank verschiedener Aufbauten können bis zu zwei Kinder in Kindersitzen oder auf einer Sitzbank mitgenommen werden. Solche Räder fahren sich wie gewöhnliche Fahrräder, wenngleich der Fahrer schon merkt, wenn sich Kinder auf der Rückbank „bewegen“.



Nutzer:innen von Kinderanhängern spüren hingegen die Bewegungen der Kinder nicht. Anhänger haben kaum Auswirkungen auf das Fahrverhalten. Selbst Kurvenfahrten bleiben wie mit dem gewohnten Solofahrrad: Der Fahrende kann sich in die Kurve lehnen, der Anhänger folgt stabil auf beiden Rädern, weil die Kupplung des Anhängers gelenkig ist. Einzig: Man muss etwas mehr auslenken, um mit dem Anhänger nicht an Engstellen anzustoßen. Und das Rangieren beim Ein- und Ausparken – insbesondere rückwärts –  kann anfänglich knifflig sein. „Mit ein bisschen Übung hat man das aber schnell gelernt“, meint Anne Schmidt vom Anhängerhersteller Croozer.

Frau fährt mit einem Fahrrad samt Kinderanhänger, in denen Kinder sitzen, an einem Flamingogehege vorbei
Das Fahrverhalten mit einem Kinderanhänger ändert sich kaum. © pd-f | Kay Tkatzik

Auch beim Fahren merkt man das Gewicht des Anhängers inklusive Kinder kaum. „Die meisten Eltern nutzen mittlerweile E‑Bikes als Zugfahrzeug. So wird auch Anstiegen der Schrecken genommen“, weiß Schmidt. Aufgrund der höheren Gesamtmasse sollte das Zugfahrzeug aber über ein gutes Bremssystem, am besten mit hydraulischen Scheibenbremsen, verfügen.

Hauck 2in1 Fahrradanhänger

Fahrradanhänger auf weißem Grund

Kontakt zum Kind

Beim Anhänger ist der Kontakt zwischen Eltern und Kindern wie im Auto – das Elternteil ist vorne, die Kinder hinten. Der Anhänger ist dabei das Reich der Kinder. Hier können sie sich selbst beschäftigen oder die Eltern beobachten. Das gibt den Kindern Sicherheit und sie sehen, wie sich die Eltern per Rad im Straßenverkehr verhalten. „Das ist enorm wichtig für das spätere eigenständige Radfahren. Die Kinder erlernen passiv, wie man mit dem Arm blinkt oder sich mit anderen Verkehrsteilnehmenden verständigt“, erklärt Schmidt.
Bei den meisten Cargobike-Varianten sitzen die Kinder hingegen vorne und sind somit im Blickfeld der Fahrenden. Die Kinder haben ein freies Sichtfeld und können so mehr von der Umwelt wahrnehmen. Zum Schutz vor Fahrtwind, Insekten und Staub empfiehlt sich die Nutzung einer Haube.

Federung

Für zusätzlichen Komfort sorgen diverse Federungssysteme, die etwa Schlaglöcher oder Wurzeln absorbieren. Diese gibt es bei Hängern beispielsweise sowohl bei Croozer als auch Thule, aber auch Cargo-E-Bike bieten entsprechenden Komfort. So hat der Testsieger von Ca Go eine Federgabel, der für eine Dämpfung der Transportbox sorgt, als auch eine gefederte Sattelstütze für den Fahrer.

Alltagstauglichkeit & Multifunktionaliät

In Sachen Alltagstauglichkeit punkten Kinderanhänger durch ihre Flexibilität. Da mehrere Räder mit einer Anhängerkupplung ausgestattet werden können, ist die Nutzung des Anhängers nicht nur auf ein Rad beschränkt. So kann ein Elternteil die Kinder in die Kita bringen, den Anhänger dort anschließen und nachmittags holt das andere Elternteil den Anhänger mitsamt Kindern wieder ab. Zudem verfügen viele Modelle über einen kleinen Kofferraum, in dem Einkäufe oder Spielsachen für Kinder verstaut werden können. An einem Zugfahrzeug mit Gepäckträger findet sich ausreichend Platz, um Fahrradtaschen anzubringen. Zusätzlich lassen sich Fahrradanhänger mit nur wenigen Handgriffen zu einem Kinderwagen umbauen oder auch zusammengeklappt im Kofferraum mit in den Urlaub nehmen. Darüber hinaus darf der Hänger, anders als das Cargo-E-Bike, im Fahrradabteil der Bahn mitgenommen werden.

Fahrradanhänger auf weißem Grund, im HÄnger sind Einkäufe, wie beispielsweise eine Wasserkiste
© Croozer | pd-f

Cargobikes haben hingegen den Vorteil, dass die Kindersitze meist umklappbar sind. Dadurch lässt sich das Bike mit nur wenigen Handgriffen vom Kinder- zum Cargotransport umbauen. Allerdings lassen sich Cargo-E-Bikes nicht „mal eben“ in den Keller tragen, so dass das sichere Abstellen gerade in Großstädten wohl überlegt sein sollte.

Da viele Cargo-E-Bikes konfigurierbar sind, könnte man sie auch, wenn irgendwann keine Kinder mehr mitfahren, als reine Lastenräder umbauen (lassen).

Alter

Kinder können im Anhänger sowie im Cargobike ab dem Moment mitgenommen werden, da sie selbstständig sitzen können. Für viele Anhänger gibt es als optionales Zubehör eine Babywanne, die modellabhängig eine Mitnahme ab dem ersten bzw. dritten Monat ermöglicht. Bei Cargobikes gibt es zum Babytransport Modelle für die Aufnahme eines Maxi-Cosis.

Kinder dürfen bis zur Vollendung ihres siebten Lebensjahres in Cargo-E-Bikes mitfahren. Die Hersteller geben zudem meist Gewichtsangaben an. Bei Longtails können dank spezieller Passagierkits Kinder bis 65 Kilogramm transportiert werden. Im Anhänger hiingegen dürfen Kinder laut Straßenverkehrsordnung bis zum sechsten Lebensjahr mitfahren.



Preis

E‑Lastenräder für den Kindertransport gibt es bereits ab 4.000 Euro. Hochwertige Modelle wie von Riese & Müller, I:sy oder Ca Go kosten ab ca. 5.500 Euro. Der Vorteil an Lastenrädern: Man kann sie für drei Jahre leasen, wenn es der Arbeitgeber ermöglicht. So sind Ersparnisse bis zu 40 Prozent gegenüber einem Direktkauf möglich. Riese & Müller bietet zudem die Option, Räder für zwei Jahre zu leihen, was ebenfalls eine Ersparnis gegenüber dem Direktkauf darstellt.

Anhänger sind deutlich günstiger in der Anschaffung. Hochwertige Modelle sind zwischen 800 und 1.500 Euro zu haben. Anders als beim Lastenrad ist ein Leasen von Anhängern nicht möglich, sondern nur als Zubehör im Leasingvertrages eines Fahrrads oder E‑Bikes. Und auch nur wenige Leasinganbieter haben diese Zubehöroption.

Quelle: Mit Material vom Pressedienst Fahrrad


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Kathrin Schräer hat an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg Technikjournalismus studiert und ihr Studium als Diplom-Journalistin (FH) erfolgreich abgeschlossen....