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Kabellose In-Ear-Kopfhörer im großen Test: Das klingt gut

In-Ear-Kopfhörer sind nicht nur fest im Markt etabliert, sondern auch so vielseitig wie nie zuvor. Das beweisen sie im Test.

Junger Mann mit geschlossenen Augen hält Finger an weißen In-Ears auf grauem Hintergrund
© Getty Images, IMTEST

Kopfhörer haben seit der Jahrtausendwende eine bemerkenswerte Transformation durchlebt. Erst wurden sie immer kleiner und nicht mehr nur auf dem Kopf getragen, sondern bald auch direkt im Gehörgang. Allmählich trennten sich Hersteller von Kabeln und setzten vermehrt auf Bluetooth-Verbindung zur Datenübertragung. Den anfänglich auftretenden Qualitätsverlust konnte man immer weiter minimieren, bis heute schließlich komplett kabellose („true wireless“) Mini-Ohrhörer – die In-Ear-Kopfhörer – zum Sortiment eines jeden ernst zu nehmenden Audio-Unternehmens gehören.

In-Ear-Kopfhörer für kabellosen Musikgenuss

Diese „True-Wireless In-Ears“ erlauben Musikgenuss mit einer vorher nicht da gewesenen körperlichen Freiheit: Kein Kabel verheddert sich beim Joggen, und auch das Ausgabemedium muss nicht länger unmittelbar in der Nähe sein. Mit ihren kompakten Ladeschalen passen die kleinen Hörer in jede Hosentasche und blenden dank aktiver Geräuschunterdrückung (ANC, „Active Noise Cancellation“) störenden Umgebungslärm zuverlässig aus. Kabellose In-Ears sind daher äußerst beliebt, und Hersteller versuchen, das Konzept immer weiter zu verfeinern – mit neuen Funktionen und spannenden Designentscheidungen.

Zwei schwarze In-Ear-Modelle und ein weißes in ihren Ladecases von oben auf weißem Hintergrund
So vielseitig sind wenige Produkte: Hersteller finden ganz eigene Designs für ihre In-Ears. © IMTEST

IMTEST hat darum zehn aktuelle und sehr unterschiedliche In-Ear-Kopfhörer im Test auf den Prüfstand geholt. Wie sich herausstellt, ist nicht jede Innovation zwingend eine gute Idee. Einige Geräte tun sich mit ihren unkonventionellen Ideen am Ende selbst keinen großen Gefallen.

Passen wie angegossen

Das direkte Tragen im Gehörgang bringt einige Herausforderungen mit sich. Da jede Ohrmuschel so einzigartig ist wie ein Fingerabdruck, müssen Hersteller bei der Formgebung ihrer In-Ear-Kopfhörer besonders präzise arbeiten. Mit ergonomischen Bauformen und unterschiedlich großen Aufsätzen aus Silikon will man möglichst jedes Ohr bedienen. Passt ein Ohrhörer nicht richtig, so klingt er spürbar schlechter und fällt eventuell sogar aus dem Ohr heraus.

Graue In-Ears mit verschiedenen Aufsätzen
Schaumstoff oder Silikon? Die Ohrpolster sorgen für sicheren Halt und dichten den Gehörgang ab. © IMTEST

Hochpreisige Modelle wie der Sony WF-1000XM4 kommen sogar mit speziellen Aufsätzen aus Memory Foam, die sonst in professionellen Tonstudios zu finden sind. Auch in der Bauform gibt es bei den In-Ears im Test Unterschiede: Die NokiaBH-805 besitzen etwa einen Antennensteg, der aus dem Ohr herausragt. Die JBL TourPro+ hingegen setzen auf die sogenannte „Bud“-Form, ruhen als kleine runde Knöpfe im Ohr und klammern sich mithilfe winziger Silikonflügel sicher darin fest.

So bequem sind die In-Ears im Test

Der Tragekomfort ist bei True-Wireless-In-Ears dabei eine sehr individuelle Frage. Wer mit einem Kauf liebäugelt, sollte ein Produkt vorher im besten Falle einmal probetragen. Wem ein Druckgefühl im Gehörgangetwas unangenehm ist, der wird mit Buds wie den Sennheiser CX Plus True Wireless eher nicht glücklich, da sie sich hauptsächlich über ihre Silikonaufsätze direkt im Ohr halten. Ausnahme sind die Samsung Galaxy Buds2: Sie sitzen federleicht im Ohr und sind auch nach Stunden kaum zu spüren. Dafür rutschen sie bei schweißtreibendem Sport schnell heraus.

Junger Mann von der Seite mit dunklen In-Ears im Ohr vor gelben Hintergrund
Im Ohr sorgt eine ergonomische Bauweise für sicheren Halt und den nötigen Tragekomfort. © IMTEST

Die bequemsten In-Ear-Kopfhörer im Test waren die Razer Hammerhead der zweiten Generation und die JLAB Epic Air. Sie sitzen sehr sicher und angenehm, ragen dabei aber überdurchschnittlich weit ins Ohr hinein. Ein Ausreißer im Test sind die AONIC 215 der Audioprofis von Shure. Sie setzen auf abnehmbare Tragebügel, die sich über das Ohr winden und in einem schweren Bommel enden, in dem sich der Akku befindet. Sie lassen sich so nur umständlich aufsetzen und stören sogar beim Sport.

Volle Akku-Power

Kabellose In-Ear-Kopfhörer besitzen in der Regel drei Akkus: einen je Ohrhörer und einen deutlich größeren in der zugehörigen Ladeschale. Darin verstaut man die Ohrknöpfe bei Nichtgebrauch und lädt sie so praktisch nebenbei wieder auf. In der Regel halten moderne In-Ears mindestens fünf Stunden am Stück durch, bis sie wieder in ihre Schatulle zurückmüssen. Dank Schnellladefunktionen reichen oft nur zehn Minuten darin aus, um anschließend wieder eine Stunde lang betriebsam zu sein. Bei aktivierter Geräuschunterdrückung sinkt die Spielzeit aufgrund des höheren Energiebedarfs oft spürbar um einige Stunden. Die Ladeschalen sind dabei so vielseitig wie die Kopfhörer selbst, wie der Vergleich im Test zeigt: Von länglichen Riegeln über runde Dosen bis zu quadratischen Kästchen ist alles dabei.

Runde, schwarze Ladestation mit Ladecase auf weißem Hintergrund
Komplett kabellos sind nicht nur die In-Ears, sondern auch manche induktive Ladeboxen. © IMTEST

Handliche Ladeschalen

Alle Testkandidaten setzen zum Aufladen auf einen USB-C-Anschluss. Die In-Ear-Kopfhörer von Sony, Libratone, JLAB, OnePlus, Samsung und JBL laden sogar kabellos über Induktion wieder auf. Je kleiner und handlicher die Ladeschale, desto angenehmer lässt sie sich auch transportieren. Die Libratone Air+ und OnePlus Buds Pro überzeugen im Test durch besonders kompakte Bauweisen. Die Modelle von Nokia und Razer fallen hingegen etwas klobig aus. Das größte Ladecase gehört den Hörern von Shure, die wegen ihrer Ohrbügel mehr Platz benötigen. Den Preis für die mit Abstand hässlichste Konstruktion gewinnt JLAB: Deren Schatulle hat einen ständig zufallenden Kunstlederdeckel, ein unschön integriertes und dabei zu kurzes USB-Kabel sowie klotzige Gesamtmaße.

Eine schwarze Runde Schatulle neben einer kleinen weißen mit abgerundeten Ecken auf weißem Grund
David gegen Goliath: Die handlichen Libratone wirken winzig gegen den Kontrahenten von Shure. © IMTEST

Test zeigt, wie lange die In-Ear-Kopfhörer wirklich durchhalten

Tatsächlich kommt es aber auf die inneren Werte an: die tatsächliche Akkulaufzeit. Hier liegen die In-Ear-Kopfhörer von JLAB und Sony mit jeweils sensationellen zwölf Stunden ohne ANC weit vorne. Ein gutes Mittelfeld bilden Shure, Sennheiser JBL und OnePlus mit rund acht Stunden ohne ANC. Abgeschlagen geben sich die Nokia BH-805 mit durchschnittlichen fünf Stunden, Libratones Air+ kommen immerhin noch auf sechs. Auch die Ladeschalen variieren in der Akkukapazität.

Achtung: Hersteller geben hier oft etwas intransparent die addierte Gesamtlaufzeit von Kopfhörern und Ladebox an. Die Razer Hammerhead der zweiten Generation werden so etwa mit 32 Stunden Spielzeit (sechs in den Kopfhörern, 26 in der Ladeschale) beworben. Im Zusammenspiel von Ladeschatulle und Kopfhörern kommen alle Testkandidaten auf insgesamt über 24 Stunden und sind damit zuverlässige Begleiter für einen ganzen Tag.

Reagieren nicht immer genau

Einmal im Ohr, verbinden Nutzerinnen und Nutzer kabellose In-Ear-Kopfhörer in der Regel mit einem Smartphone oder einem Computer. Musikwiedergabe oder eingehende Anrufe lassen sich entweder über das Endgerät steuern, oder aber bequemer am Ohrhörer selbst. Bis auf Shure setzen alle getesteten Geräte dabei auf eine berührungsempfindliche Oberfläche, um Eingaben zu erkennen. Das klappt mal besser, mal schlechter. Besonders die Galaxy Buds2 und die CX Plus True Wireless setzen Eingaben präzise und direkt um, unfreiwillige Tippser etwa beim Nachjustieren der Hörer bleiben aus. Störrischer sind Libratones Air+ 2, die manche Befehle verschlucken und mindestens zwei Tipps für eine Eingabe verlangen.

Smartphone mit geöffneter App zum Ton einstellen
App sei Dank: Gefällt das Klangprofil der Hörer nicht, lässt sich oft mit einem Equalizer nachbessern. © IMTEST

Die sonst sehr schönen OnePlus Buds Pro machen die meisten Minuspunkte mit ihrer Kneifsteuerung am Antennensteg: Die Eingaben erfordern ein Zwicken mit zwei Fingern und sind oft ungenau. Die Nokia BH-805 haben das gleiche Problem. Auch der Aufbau einer Bluetooth-Verbindung gelingt einigen In-Ears besser als anderen. Während Sony und Razer etwa direkt beim Einsetzen ins Ohr eine Verbindung aufbauen, lassen die JBL Tour Pro+ gerne etwas auf sich warten. Oft lästig: der Gerätewechsel. Nokia, JLAB und Shure müssen erst manuell entkoppelt und aufwendig neu verbunden werden und tauchen teilweise nicht unter den verfügbaren Geräten auf.

Diese In-Ears klingen am besten

Passform, Laufzeit und Steuerung sind wichtig – Königsdisziplin im Test der In-Ear-Kopfhörer bleibt aber der Klang. Weit oben auf dem Thron sitzen hier Sonys WF-1000XM4. Sie liefern fein ausdifferenzierte Klänge, wuchtige Bässe und knackige Beats. Das ANC ist ebenfalls fantastisch und sorgt für beeindruckende Stille, ohne zu rauschen. Damit sind die Testsieger gleichauf mit Apples AirPods Pro (IMTEST-Note: 1,8), klingen stellenweise sogar ein bisschen besser. Dicht auf den Fersen sind die Konkurrenten von Libratone, OnePlus und Shure, die allesamt ein hervorragendes Klangbild abliefern.

Das ANC der Air+ 2 und Buds Pro ist dabei sehr stark und rauscharm, die AONIC 215 besitzen allerdings nur eine passive Lärmunterdrückung durch ihre stark abdichtenden Memory Foam-Ohrstücke. Das obere Mittelfeld bilden klanglich die Geräte von Razer, Samsung und JBL, wobei Razers Hammerhead bei Sound und ANC die Nase vorn haben.



Alle In-Ear-Kopfhörer haben ein Sprachproblem

Wirklich schlecht klingt keiner der In-Ear-Kopfhörer, im Vergleich fällt die schwächere Klangqualität von Nokia und JLAB aber deutlich auf. Klänge verwaschen und sind undifferenzierter, bei Stimmen fehlt es an Brillanz, und auch das ANC gerät eher mittelstark. Die Epic Air surren zudem bei laufender Geräuschunterdrückung deutlich hörbar und disqualifizieren sich dadurch in dieser Disziplin. Sorgenkind ist bei nahezu allen In-Ears im Test die Sprachqualität der Anrufe: Sie klingen durchweg blechern und dumpf. Lediglich Samsungs Galaxy Buds2 filtern Störgeräusche angenehm heraus und erreichen Telefonqualität auf Sprecher- und Teilnehmerseite.



FAZIT

Selten kommt es vor, dass Produkte einer gleichen Kategorie so vielseitig und einzigartig sind wie kabellose In-Ear-Kopfhörer. Mit ihrem tollen Klang, starkem ANC und smarten Funktionen sichern sich Sonys WF-1000XM4 den Testsieg. Razers zweite Generation der Hammerhead wird mit sattem Klang, sehr gutem Tragekomfort und geringer Übertragungslatenz Preis-Leistungs-Sieger.

Wer Wert auf federleichten Sitz im Ohr legt, greift zu Samsungs Galaxy Buds2. Weniger empfehlenswert sind Nokias BH-805, denen man ihren niedrigen Preis anmerkt. JLABs Epic Air fallen vor allem durch ihr gruseliges Ladecase und störendes Rauschen negativ auf.