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Schwinn 800IC: Smartes Fitness-Bike im Test

Smarte Heimtrainer liegen im Trend: Wie gut schlägt sich das kompakte Indoor-Bike Schwinn 800IC im Langzeittest?

Schwinn 800IC
© Schwinn

Corona hat die Nachfrage nach Heimfitnessgeräten explodieren lassen. Vor allem smarte Geräte stehen dabei auf vielen Zetteln ganz oben, die durch die Kopplung mit Apps wie Zwift und Peleton mehr Abwechslung beim Heimtraining versprechen. In diese Kategorie passt das Schwinn 800IC, dass für einem Preis von rund 1.000 Euro Bluetooth-Konnektivität sowie eine Magnetbremse an Bord hat. Wie gut sich das Spinning-Bike schlägt, verrät der Test.

Aufbau und Inbetriebnahme

Das Schwinn 800iC wird in einer überraschend kompakten Verpackung geliefert. Gut für den Postboten, schlecht für den Kunden. Denn es gilt jede Menge zusammenzuschrauben. Die Anleitung ist zwar verständlich und das erforderliche Werkzeug dabei, eine gute Stunde sollte man für die Montage aber schon einplanen. Ist das erledigt, erwartet einen ein äußerst solides Fitness-Bike, das mit einem Gewicht von rund 50 Kilogramm sehr stabil dasteht. Kein Wunder, besteht es zum größten Teil aus massivem Metall. Das gilt sogar für die Flaschenhalter und die Tablet-Halterung. Billiges Plastik ist weit und breit nicht zu sehen. Die finalen Abmessungen belaufen sich auf übersichtliche 124 × 137 × 132 Zentimeter, Schwinn empfiehlt einen Trainingsbereich von 2,5 × 1,8 Meter. Die Verarbeitung ist durch die Bank ansprechend, einzige Ausnahme ist das Sattelrohr. Das hat ein wenig Spiel, was beim Training aber nicht stört.

Schwinn IC800 Montage
Der Aufbau dauert zwar, erzeugt aber dank guter Anleitung und mitgeliefertem Werkzeug keinen Stress. © IMTEST

Sattel und Lenker lassen sich jeweils horizontal und vertikal verstellen. Das lässt sich schnell und einfach über Schnellspanner und Schraubräder erledigen. Wer will kann zudem Sattel oder Pedale gegen andere Produkte austauschen. Was sich nicht austauschen lässt, sind die Kurbeln. Warum das nötig sein könnte? Der Q-Faktor, also der horizontale Abstand zwischen den Pedalen, fällt mit 200 Millimetern sehr breit aus, als ideal gelten Werte um die 140 Millimeter. Im Test (insgesamt über 800 Kilometer gefahren) kam es dadurch zu keinen Schwierigkeiten. Allerdings könnte der hohe Q-Faktor bei empfindlichen Personen zu Knieproblemen führen. Darüber hinaus sind dem Tester bei der Konstruktion drei Dinge weitere Dinge aufgefallen:

  • In die Tablet/Smartphone-Halterung lassen sich Handy nur waagerecht hineinstellen, nicht senkrecht.  Schwinn begründet das damit, da in der Regel alle kompatiblen Apps entweder mit einem Tablet oder mit dem Smartphone in “horizontaler” Position zum Einsatz kommen würden. Wer sein Smartphone auch vertikal verwendet möchte, könne sich eine entsprechende Handy-Halterung kaufen. Interessant in diesem Zusammenhang: Die mit dem Schwinn 800IC beworbene Smartphone-App JRNY unterstützt keinen horizontalen Anzeigemodus.
  • Das Schwinn 800IC verfügt über einen USB-A-Anschluss zum Laden von Smartphones und Tablets während des Trainings. Das ist zwar praktisch, allerdings ist die Buchse ungünstig positioniert. Mit eingestecktem Kabel lässt sich der Lenker nicht mehr am engen Griff greifen. Schwinn erwägt diesen Punkt bei der Entwicklung neuer Produkte zu berücksichtigen.
  • Die Position der Flaschenhalter ist nicht optimal. Kommen längere Trinkflaschen zum Einsatz, besteht die Gefahr, dass die Knie dagegen stoßen.
Kabel im Weg
Das eingestöpselte Ladekabel ist beim Training im Weg. © IMTEST

Training auf dem Schwinn 800IC

Das Schwinn ist für verschiedene Trainings geeignet, beispielsweise „High Intensity Interval Training“ (HIIT), Cardio, Ausdauer oder Kraft. Den Widerstand erzeugt das Schwinn 800IC durch ein magnetisches System, das das gewichtete Schwungrad abhängig vom eingestellten Widerstand an der Vorderseite bremst. Die Kette und sämtliche mechanische Teile des Antriebsstrangs verbergen sich hinter einer Abdeckung. Das reduziert die Verletzungsgefahr und gleichzeitig den Wartungsbedarf.

Typisch für ein Spinning-Bike: Es gibt keinen Freilauf. Das bedeutet, dass die Pedale auch ohne Belastung weiterdrehen. Damit es dabei zu keinen Verletzungen kommt, bietet das 800IC einen Notstopp, der durch das Drücken des Widerstandsreglers ausgelöst wird. Apropos Widerstand: Die Bremswirkung lässt sich in 100 Stufen dosieren. Da der Magnet das Schwungrad nicht berührt, entstehen weder unerwünschte Geräusche, noch kommt es zum Verschleiß durch Abrieb. Das Schwinn 800IC läuft aber nicht nur wunderbar leise, sondern auch sehr geschmeidig. Beides zusammen ergibt es äußerst rundes, entspanntes Fahrgefühl. Der Widerstand könnte für Profis aber zu gering sein. Selbst Durchschnittsfahrer sollten es schaffen, auf Stufe 80 oder 90 mehrere Minuten durchzuhalten.



Smarte Fähigkeiten des Schwinn 800IC

Das Schwinn 800IC verfügt über einen altmodisch wirkenden Bordcomputer, der zwei Funktionen erfüllt. Zum einen zeigt er Werte wie Kadenz (Pedalumdrehungen pro Minute), Trainingsdauer, Geschwindigkeit, Kalorienverbrauch, Distanz, Widerstand und Herzfrequenz. Letzteres allerdings nur in Kombination mit einem per Bluetooth verbundenen Brustgurt. Zum anderen lassen sich über die Konsole Trainings starten. Dabei ist es aber lediglich möglich, ein bestimmtes Ziel (Kalorienverbrauch, Zeit, Distanz) zu erreichen. Auf Dauer langweilig.

Spannender wird es, wenn Trainings-Apps – am besten auf einem Tablet – ins Spiel kommen. Wer will kann etwa in Peleton seine Kadenz oder bei Zwift seine Kadenz und seine Leistungswerte einblenden. So richtig interaktiv ist das allerdings nicht. Im Gegensatz zu smarten Trainern, die etwa den Widerstand automatisch zur Strecke anpassen, gilt es beim Schwinn 800IC den Widerstand manuell einzustellen. Laut Schwinn wäre die Ermittlung einer Wattangabe aufgrund des magnetischen Bremssystems nicht 100%ig genau. Wenn Benutzer die Wattzahl ablesen möchten, sollten sie dies über die Zwift-APP erledigen, die einen eigenen Algorithmus zur Schätzung der Wattzahl nutzt.

Schwinn Bildschirm
Der beleuchtete Bildschirm lässt sich zwar gut ablesen (bis auf die Kadenz), wirkt aber technisch nicht taufrisch. © IMTEST

Allerdings sind die ermittelten Watt-Werte des 800IC in Zwift vollkommen unrealistisch. Das Gleiche gilt für die auf dem Gerät angezeigte Geschwindigkeit. Konkret: Die angezeigte Geschwindigkeit und die umgerechnete Watt-Leistung fallen viel zu optimistisch aus. Selbst bei geringem Widerstand und niedrigen Umdrehungen fällt die 30 Km/h-Grenze im Nu. Sogar Geschwindigkeiten von 50 Km/h und mehr sind locker erreichbar. Wen das stört, der hat immerhin die Möglichkeit die Magnetbremse manuell zu kalibrieren. Hundertprozentig genau fallen die Werte dann zwar auch nicht aus, aber realistischer. Wer es genauer haben will, könnte spezielle Pedale kaufen, die über eingebaute Leistungsmesser verfügen. Die sind aber mit Preisen ab 600 Euro sehr teuer. Für enthusiastische Nutzer von Apps wie Zwift, RGT und Sufferfest ist das Schwinn 800IC also nicht die erste Wahl.

Schwinn und Garmin
Wer will, kann Werte wie Kadenz und Geschwindigkeit auf Smartwatches wie die Garmin Epix übertragen. © IMTEST

Schwinn 800IC und Peloton

Wer hingegen keine 2.145 Euro für ein Peloton-Bike in die Hand nehmen möchte, sollte mit dem 800IC glücklich werden. Die Fahrrad-Kurse lassen sich auch gut auf dem Schwinn-Gerät mitmachen, auch wenn man nicht in den Live-Ranglisten auftaucht und die Widerstandsempfehlungen abweichen. Zum Glück haben findige Nutzer Umrechnungstabellen entwickelt, durch die sich der Peloton-Widerstand problemlos umsetzen lässt. Auf ähnliche Weise lassen sich auch andere Bike-Fitness-Apps wie iFit auf dem Schwinn 800IC gut nutzen. Übrigens: Zusammen mit dem Schwinn 800IC gibt es eine einjährige Mitgliedschaft für die App JRNY im Wert von 160 Euro. Die App ist allerdings qualitativ nicht mit Peleton vergleichbar.

IC800 und Peloton
Via Bluetooth lässt sich die Trittfrequenz auch digital in Peloton anzeigen. © IMTEST

Fazit

Das Schwinn 800IC ist ein guter Heimtrainer, der vor allem durch seine stabile Verarbeitung, die niedrige Geräuschkulisse und das angenehme Fahrgefühl punktet. In Sachen Vernetzung ist das Indoor-Bike allerdings nur durchschnittlich aufgestellt. So gibt es keine „echte“ Leistungsanzeige und den Widerstand justiert es nicht automatisch. Wer aber eine solide Alternative zum teuren Peleton-Bike sucht, kann guten Gewissens zuschlagen.

  • PRO
    • Sehr leise, gutes Fahrgefühl.
  • KONTRA
    • Keine Watt-Messung, kein App-gesteuerter Widerstand.

IMTEST Ergebnis:

gut 2,3