Trekking-E-Bikes sind sozusagen die eierlegende Wollmilchsau unter den elektrisch unterstützten Fahrrädern. Sie eignen sich gleichermaßen für Pendler, für die täglichen Erledigungen in der Stadt und fühlen sich nicht zuletzt auf ausgedehnten Radreisen äußerst wohl. Kein Wunder, dass sich diese Form des E-Bikes besonderer Beliebtheit erfreut. IMTEST hat zehn aktuelle Modelle von Specialized, Riese & Müller, Kalkhoff, Victoria, Rose, Coboc, Giant, myBoo, Stevens und Hepha im zertifizierten Prüflabor von Qima testen lassen und hat die Bikes auf einem, für alle Räder vergleichbaren Test- und Praxisparcours geschickt. Der große IMTEST-Test zeigt alle Ergebnisse sowie das beste Trekking E-Bike 2023 im Detail.
Sportliche E-Bikes mit leistungsstarken Mittelmotoren
Durch seine Ausstattung ist ein Trekking-E-Bike so vielseitig einsetzbar wie kaum ein anderes Rad. Dank verschiedener Rahmengeometrien, die auf dem Markt verfügbar sind, spricht es dabei sowohl sportlichere Fahrer als auch den gemütlichen Radler an. Ebenso sind viele Trekking-E-Bikes mit leistungsstarken Motoren ausgestattet und ihr Akku reicht mit einer Ladung meist für längere Touren – um 80 bis 90 Kilometer. Eine Federgabel, dickere Reifen, ein Gepäckträger und festinstalliertes Licht runden die Ausstattungsliste der meisten Modelle ab.
Für eine kraftvolle Unterstützung setzen neun von zehn Hersteller im Test bei ihren E-Bikes auf Mittelmotoren. Warum? Dadurch, dass der Antrieb direkt mit dem Tretlager verbunden ist, erfährt der E-Bike-Fahrer eine prompte und gleichmäßige Unterstützung. Ebenso wirkt sich der tiefe Schwerpunkt des Bauteils positiv auf das Fahrverhalten aus. Und noch ein Vorteil birgt ein Mittelmotor: Er ist kompatibel mit verschiedenen Arten von Schaltungen.
E-Bike Trend für 2024: Neuer Bosch-Antrieb Performance Line SX
Der brandneue Bosch Performance Line SX im ausgiebigen Fahrtest.
Hälfte der Testkandidaten setzt auf Mittelmotor von Bosch
Unter den zehn Testkandidaten dominiert Bosch als Motoren-Hersteller, allein in fünf Modellen steckt ein System der Antriebs-Experten aus Stuttgart verbaut. So haben etwa die E-Bikes von Riese & Müller, Rose, Stevens und Victoria jeweils den Bosch-Mittelmotor der Performance Line CX mit 85 Newtonmetern, das E-Bike von Kalkhoff die etwas einfachere Performance-Line-Variante mit 75 Newtonmetern.
Der Unterschied zwischen den beiden Motorvarianten besteht nicht nur aus den beiden Buchstaben und einem anderen Drehmoment, sondern der Tatsache, dass die CX-Variante noch etwas kraftvoller ist. Sie wurde ursprünglich für E-Mountainbikes entwickelt, kommt aber auch immer mehr bei Trekking-E-Bikes zum Einsatz.



Ähnlich stark wie die Bosch-Motoren ist der SyncDrive Pro Motor mit 85 Newtonmetern beim Explore E+ Pro 1 STA, der gemeinsam mit Yamaha entwickelt und für die E-Bikes von Giant optimiert wurde sowie die eigens entwickelten Motoren vom Hepha (100 Newtonmetern) und Specialized (90 Newtonmeter). Die kraftvolle Unterstützung spürte man bei allen Trekking-E-Bikes deutlich bei den Testfahrten. Beim Antritt liefern sie ordentlich Schub und auch sonst kommt man auf jeglichen Untergründen kraftvoll und schnell voran.
Nur das Coboc Iseo fällt hier etwas raus. Der Motor ist, als einziger unter den zehn Testkandidaten, in der Hinterradnabe verbaut. Mit nur 40 Newtonmetern hat er ein vergleichsweise geringes maximales Drehmoment. Ebenso hat das E-Bike nur zwei vordefinierten Fahrmodi, die sich ausschließlich per App verstellen aber auch individualisieren lassen. Trotzdem lieferte das Rad bei den Fahrten immer die richtige Übersetzung und agierte fühlbar intuitiv, kraftvoll und stufenlos.
Smarte Schaltungen sorgen für angenehmeres Treten
Die Trekking-E-Bikes von Specialized und Rose erwiesen sich jeweils dank einer Automatikschaltung von Enviolo als besonders spritzig. Diese sorgt vollautomatisch für die richtige Übersetzung, so dass sich der Fahrer nicht selbst um die passende Gangwahl – je nach Streckenprofil und gewählter Unterstützungsstufe – kümmern muss. Sie schaltet stufenlos und selbstständig auch unter Last und lässt sich per App sogar noch fein abstimmen. Anfangs ist diese Funktionsweise etwas gewöhnungsbedürftig, danach fühlt es sich einfach nur toll an.
Ebenso angenehm sorglos fährt es sich mit dem Delite GT von Riese & Müller dank seiner elektronischen Nabenschaltung E-14 von Rohloff. Durch einen kurzen Tastendruck wird laut Rohloff in 180 Millisekunden geschaltet. In dem Moment, wo der Gangwechsel ausgelöst wird, nimmt das System kurz die Last aus dem Antriebsstrang, sodass sich das Schalten sehr weich und geschmeidig anfühlt. Wird die Taste etwas länger gedrückt, kann der Radfahrer auch drei Gänge auf einmal hoch- oder runterschalten. Beim Stop vor einer Ampel geht die Schaltung automatisch in einen zuvor frei festgelegten “Ausgangs-Gang” zurück. Beim Gangwechsel wird der aktuelle Gang kurz in Display angezeigt. Es gibt sogar die Möglichkeit, die E-14 via Funk mit Updates zu versorgen.



Alle besitzenTestkandidaten Kettenschaltungen mit neun, zehn oder elf Gängen, die im Fahr- und Alltagstest tadellos und prompt reagierten. Auch wenn das System etwas “einfacher” ist, kann der E-Bike-Fahrer hier dank Rapid Shift beispielsweise ebenso schnell mehrere Gänge herunterschalten.
Unterstützungsstufen: Fine-Tuning per App
Die Trekking-E-Bikes in Test bieten zwischen zwei und fünf Unterstützungsstufen für ihre E-Motoren. Aber nicht nur dadurch kann der Radler den perfekten Triff finden, sondern auch anhand der Möglichkeit, diese Stufen per App fein auf seine Bedürfnisse abzustimmen.


Die Unterstützungsstufe “Auto” bei Bosch oder Yahama passt sich automatisch auf die Gegebenheiten an und verspricht gleichmäßiges Weitertreten. Das ist beispielsweise bei Gegenwind oder Anstiegen sehr hilfreich. Unter den Testkandidaten sind neben dem Giant noch die E-Bikes von Victoria und Kalkhoff mit dem Auto-Modus ausgestattet. Gerade auf langen Strecken ist dieser Fahrmodus sehr komfortabel, so braucht der Fahrer einfach nur Treten und kann die Umgebung genießen.


Bei allen E-Bikes im Test lassen sich die Unterstützungsstufen via App anpassen. So kann man das maximale Drehmoment oder die maximale Geschwindigkeit regulieren, um beispielsweise die Akkulaufzeit zu verlängern. Beim Coboc gibt es zudem die Besonderheit, dass das Fahrrad als einziges unter den Testkandidaten kein Display hat. Möchte man zwischen den beiden vorhandenen Unterstützungsstufen wechseln, muss dies auch über die App passieren.
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Wird das Rad geklaut, kann dies direkt über die App gemeldet werden.
Trekking-E-Bikes für jede Gelegenheit
Damit ein Trekking-E-Bike sowohl auf der Straße als auch auf Schotterwegen oder holprigen Waldwegen gut zurechtkommt, hat es etwas breitere Reifen als beispielsweise die meisten City-E-Bikes. Besonders die Räder vom Giant (57 Millimeter), Riese & Müller (62 Millimeter) sowie Specialized (58 Millimeter) kommen mit besonders breiten Pneus und scheuen keine holprigen Trails.
Alle Testmodelle bieten darüber hinaus über eine Federgabel, die neben den dicken Reifen eine zusätzliche, angenehme Dämpfung bringt. Das Riese & Müller hat sogar noch eine Vollfederung für die Hinterradschwinge (siehe Bild unten). Diese sorgt für ein sportliches Fahrgefühl und verhilft zu besserer Traktion auch bei hohen Geschwindigkeiten. Allerdings trägt diese Federung auch dazu bei, dass das Rad mit über 30 Kilogramm zu den schwersten im Test gehört.

Hoher Fahrkomfort trotz hohem Gewicht
Federgabel, Reifen, ein leistungsstarker Akku, ein robuster Rahmen und der Gepäckträger lassen insgesamt alle Trekking-E-Bikes zu schwereren Fahrrädern werden. Während das Coboc ein Fliegengewicht ist und nur gut 18 Kilogramm auf die Waage bringt, sind es beim E-Bike von Rose und Victoria, wie beim Riese & Müller, jeweils knapp über 30 Kilogramm.
Mittig platzieren sich das Kalkhoff, das Giant, das myBoo, das Hepha und das Stevens mit jeweils einem Gewicht um die 27 Kilogramm. Viele Stufen sollte man die Fahrräder daher besser nicht tragen (müssen). Das Gewicht macht sich jedoch nicht bemerkbar, wenn es um das Sicherheitsgefühl beim Fahren geht. Im Gegenteil, hier bieten alle Testmodelle eine sehr gute bis gute Straßenlage, wobei besonders die Räder von Stevens, Rose und Kalkhoff auf Asphalt überzeugten. Und auch in Kurven, in unwegsamen Geländen und auf Kopfsteinpflaster zeigen alle Räder zumindest einen noch angenehmen Fahrkomfort.
Alle Testkandidaten haben zudem eine StVZO- (Straßenverkehrszulassungs-Ordnung) konforme Ausstattung. Dazu gehören unter anderem Vorder- und Rücklicht, Speichenstrahler sowie weiteres reflektierendes Material und zwei unabhängig voneinander wirkende Bremsen. Damit sind sie neben Offroad-Touren auch perfekt für den Großstadtdschungel ausgerüstet. Alle Trekking-E-Bike bieten ein zulässiges Gesamtgewicht von mindestens 130 Kilogramm, sodass je nach Gewicht von Fahrrad plus Fahrer noch einiges an Gepäck mitgenommen werden kann.
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