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Amazfit Balance im Test: Schicke Smartwatch mit Haken

Schick, günstig, viele Funktionen. Trotzdem stimmt einiges mit der Amazfit Balance nicht.

Amazfit Balance
© Amazfit

Eigentlich steht Amazfit für günstige Smartwatches mit meist erstaunlich gutem Preis-Leistungs-Verhältnis. Vor allem die Fitnessfunktionen können sich sehen lassen, auch wenn sie – freundlich formuliert – offensichtlich von Garmin inspiriert sind. Das neuste Pferd im Stall ist dabei die Amazfit Balance, die die GTR- und GTS-Familie als neues Flaggschiff unter den Lifestyle-Smartwatches ablöst. Während sich die ebenfalls neue Cheetah Pro eher an Läufer richtet, will die Amazfit Balance Arbeit, Leben und Wohlbefinden in Einklang bringen. Intelligente KI-Software und eine Reihe von Sensoren sollen dabei helfen. Doch gerade beim Wohlbefinden klappt das aus verschiedenen Gründen eher schlecht als recht.

Amazift Balance Widgets
Benötigte Widgets lassen sich auf der Balance beliebig arrangieren und anordnen. © IMTEST

Amazfit Balance: Gefälliges Design

Eines muss man der Balance auf jeden Fall lassen: Die von IMTEST getestete Variante mit silberner Lünette und Stoffarmband gehört aus Sicht der Tester zu den schicksten Smartwatches überhaupt – und das bei einer UVP von fairen 250 Euro. Das Armband hat einen leicht rustikalen, fast schottischen Look und bildet einen schönen Kontrast zum mattsilbernen Gehäuse. Das Armband sieht aber nicht nur gut aus, es ist auch sehr praktisch. Es ist so konstruiert, dass sich die beiden Teile nicht voneinander trennen lassen, so dass die Smartwatch wie ein Armband getragen werden kann. Das erleichtert das An- und Ausziehen erheblich. Zudem trägt das dehnbare Material dazu bei, dass die Balance einen hohen Tragekomfort bietet.



Zur gelungenen Optik trägt auch das 1,5 Zoll große AMOLED-Display bei. Es überzeugt mit einer scharfen Auflösung von 480 x 480 Pixeln und einer Spitzenhelligkeit von 1.500 Nits. So ist auch bei direkter Sonneneinstrahlung eine gute Lesbarkeit gewährleistet. Ebenfalls erfreulich ist die trotz des schlanken Gehäuses ansprechende Akkulaufzeit. Mit aktiviertem Always-on-Display sind rund 5 Tage drin – ohne bis zu 12 Tage. Auch die Messungen der GPS- und Pulsgenauigkeit fielen im Test wie gewohnt gut aus.

Amazfit Balance Bereitschaft
Bei der neuen Funktion “Bereitschaft” stand offenbar Garmins “Trainingsbereitschaft” Pate. © IMTEST

Amazfit Balance: Technisch gut aufgestellt

Aber auch technisch hat die Balance einiges zu bieten, vor allem im Bereich der Sensorik. Zur Ausstattung gehören ein biometrischer optischer PPG-Sensor und ein bioelektrischer BIA-Impedanzsensor. Hinzu kommen ein integriertes GPS mit Dual-Band-Positionierung sowie ein Gyroskop, ein geomagnetischer Sensor, ein Luftdrucksensor, ein Temperatursensor und noch einige andere mehr. Das ermöglich widerrum neue Funktionen. Neu bei der Balance ist zum Beispiel eine Funktion namens „Bereitschaft“, die aus Basis von Schlaf- und anderen biometrische Daten anzeigt, wie erholt der Körper und entsprechend gut für sportliche Aktivitäten bereit ist. Darüber hinaus kann die Smartwatch eine Körperanalyse hinsichtlich Muskelmasse, Fett, Wasser, Knochenmasse, Protein und Grundstoffwechsel durchführen. Die Smatwatch selbst erfasst allerdings nur den Oberkörper. Für eine komplette Körperanalyse ist die Amazfit Body Composition Analysis Mat erforderlich.

Amazfit Balance Körperanalyse
Nach einem 10-Sekunden-Test ermittelt die Amazfit Balance verschiedene Messwerte rund um den Aufbau des Oberkörpers. © IMTEST

Erste Amazfit-Smartwatch mit Bezahlfunktion

Ferner punktet die Uhr mit weiteren Gesundheitsfunktionen. Neben dem Aktivitätstracking sind beispielsweise auch Herzfrequenzüberwachung inklusive HRV, Stresstracking und Schlafüberwachung integriert. Die Balance ist zudem das erste Modell von Amazfit, das über einen NFC-Chip verfügt und somit in Verbindung mit dem Bezahldienst ZeppPay mobiles Bezahlen unterstützt. Zwar sind in Deutschland derzeit nur wenige Banken dabei, doch durch den Dienst Curve lässt sich im Prinzip jede Kreditkarte einbinden. Die Bezahlung funktionierte im Test einwandfrei.

Darüber hinaus punktet die Balance Amazfit-typisch mit vielfältigen Sportmodi und individuellen Einstellungsmöglichkeiten. So kennt die Balance über 150 Sportarten und verfügt über umfangreiche Trainingsfunktionen. So kann die Amazfit-Uhr Werte wie Vo2 max, Trainingsbelastung und Erholungszeit berechnen. Ambitionierte Sportler wissen das zu schätzen. Die Ähnlichkeiten zwischen dem PeakBeats-System von Amazfit und dem bewährten Firstbeat Analytics-Algorithmus von Garmin sind dabei wie erwähnt offensichtlich. Aus Sicht von IMTEST sind die Empfehlungen jedoch nicht so valide wie bei Garmin. Ein Beispiel ist die Laufprognose oder „Leistungsvorhersage“, wie es bei Amazfit heißt. Die Balance bescheinigt dem Tester, dass er z.B. einen Halbmarathon in 1:15 Stunden laufen kann. Das ist völlig unrealistisch. Knapp unter zwei Stunden, wie von Garmin angegeben, ist dagegen ziemlich nah dran.

Zepp-App Ki-Funktionen
Die übersichtlichen KI-Funktionen des Zepp-Coaches gibt es nur im Abo. Rechts: Vollkommen unrealistische Laufprognose. © IMTEST

KI-Funktionen nur im Abo

Besonders stolz ist Amazfit aber auf den Zepp Coach. Er soll mit Hilfe von KI maßgeschneiderte Trainingspläne erstellen und dabei helfen, Aktivität und Erholung in Einklang zu bringen. Dazu schlägt er Ruhephasen vor und erstellt individuelle Trainingspläne. Diese basieren auf Faktoren wie dem aktuellen Laufniveau, den individuellen Zielen und der zurückgelegten Distanz und werden wöchentlich angepasst. Dabei kommt eine Chatbot-Funktion zum Einsatz, die über die App aufgerufen werden kann. Einfach eine Frage stellen und eine KI-generierte Antwort erhalten – so verspricht es zumindest Amazfit.

Die Möglichkeiten des Zepp-Coaches sind allerdings noch sehr begrenzt. So gibt es derzeit nur Trainingspläne für 5- und 10-Kilometer-Läufe. Wer zum Beispiel für einen Marathon trainieren will, für den bietet der Zepp-Coach der Balance keinen Trainingsplan (im Gegensatz zu dem der Cheetah Pro). Auch Radfahrer und andere Sportler bleiben außen vor. Im Prinzip bietet der Zepp-Coach nur Unterstützung für die genannten 5 und 10 KM-Distanzen sowie einen Plan zur allgemeinen Verbesserung der kardiorespiratorischen Fitness – schwach. Hinzu kommt, dass Amazfit für den KI-basierten Personal Trainer neuerdings Geld verlangt, konkret in Form eines Abonnements für 30 Euro pro Jahr.

Zepp App
Die Zepp-App wird immer besser: So kann sich das Angebot an Ziffernblättern und Apps inzwischen sehen lassen. © IMTEST

Auch der Schlaftrainer kostet extra

Damit nicht genug. Zusätzlich zur Kasse gebeten wird, wer Zepp Aura nutzen möchte. Diese ebenfalls KI-basierte Funktion wird als Relax- und Schlafservice beworben und kostet stolze 50 Euro pro Jahr. Der Assistent soll dabei helfen, mit individuellen Einschlaf- und Soundkulissen zu entspannen und zu relaxen. Darüber zeigt die Balance weiterführende Schlafmetriken an, wie tägliche, wöchentliche und monatliche Analysen. Aus Sicht von IMTEST sind beide Abo-Funktionen völlig überflüssig: Der KI-Coach ist unausgereift und die Aura nur ein nettes Gimmick. Auch wenn beide Dienste 3 Monate kostenlos getestet werden können, bleibt ein fader Beigeschmack. Es trägt jedenfalls nicht zu einem besseren „Wohlbefinden“ bei, wenn die Funktionen einer Smartwatch durch teure Abo-Modelle künstlich eingeschränkt werden.

Fazit

Bei der Amazfit Balance handelt es sich um ein zweischneidiges Schwert. Einerseits handelt es sich um eine moderne, optisch ansprechende Smartwatch zu einem fairen Preis. Positiv sind die vielen Sportfunktionen, wie auch der Sensor zur Analyse der Körperzusammensetzung, den nur wenige Smartwatches haben. Fragwürdig sind hingegen die kostenpflichtigen KI-Funktionen, die a) wenig Nutzen bringen und b) sehr teuer sind.

  • PRO
    • Für den Preis sehr gute Ausstattung und Verarbeitung.
  • KONTRA
    • Einige Funktionen nur im Abo. Fitnesswerte zum Teil unrealistisch.

IMTEST Ergebnis:

gut 2,0