Veröffentlicht inEinzeltests

Gazelle N°1 625 Wh im Test: Das steckt im 45 km/h-E-Bike

Ist das S-Pedelec Gazelle N°1 625 Wh eine Auto-Alternative für Pendler? IMTEST hat es gestestet.

S-Pedelec Gazelle N°1 625 Wh steht auf einer Wise vor einem Waldstück
© IMTEST

Das S-Pedelec Gazelle N°1 625 Wh schafft ein Maximal-Tempo von 45 km/h – dank Unterstützung durch einen kraftvollen Mittelmotor. Was das schnelle E-Bike zudem auszeichnet und ob es Schwächen hat, klärt der Labor- und Fahrtest von IMTEST.

Mit Nummernschild, Versicherung und Helm

S-Pedelecs (S = Speed) wie das Gazelle N°1 625 Wh unterliegen in Deutschland der Führerschein- und Versicherungspflicht, sie benötigen ein amtliches Kennzeichen und es gilt eine Helmpflicht für die Fahrenden der bis zu 45 kmh/h schnellen E-Bikes. Denn aus rechtlicher Sicht sind die Speed-Pedelecs Kleinkrafträder. Wer mit Ihnen unterwegs ist, braucht mindestens den Führerschein der Klasse AM. Das S-Pedelecs keine E-Bikes sind, zeigen auch die weiteren Vorschriften, die für sie gelten: So ist es nicht erlaubt, einen Anhänger mit einem S-Pedelec zu ziehen, das Bike darf nicht in Bahnen oder Bussen mitgeführt werden und es ist nicht erlaubt damit auf Radwegen zu fahren. Ausnahme: Wenn diese außerhalb geschlossener Ortschaften durch das Zeichen “Mofas frei” gekennzeichnet sind. 



Produktdetails

  • Trapez-Rahmen
  • 26,2 kg, zulässiges Gesamtgewicht: 150 kg
  • Mittelmotor, mit 85 Nm Drehmoment Hersteller: Bosch (Performance Line Speed)
  • Stufenlose Enviolo Sportive AutomatiQ-Naben-Schaltung
  • S-Pedelec (45 km/h)
  • Beleuchtungsanlage: Supernova M99 Mini Pure-45, 230 Lux)
  • Reifen: 57 mm, 27,5 Zoll
  • 6.299 Euro

Das bietet die Gazelle N°1 625 Wh

Der niederländische E-Bike-Hersteller Gazelle fertigt sein aktuelles S-Pedelec in zwei Ausführungen: Mit 625 Wh-Akku (Wh = Wattstunden) und mit 1.125 Wh-Akku. IMTEST hat die Version mit 625 Wh-Akku getestet. Angetrieben wird das Bike von einem kraftvollen Bosch-Mittelmotor (Perfomance Line Speed). Dieser bietet 85 Newton (N) Drehmoment und vier Unterstützungsstufen (von Eco bis Turbo). Das Nº1 schaltet dank einer Enviolo AutomatiQ-Nabe automatisch nach unten oder oben. Im Test zeigte sich, dass das Bike beim Losfahren – etwa an der Ampel – einen moderaten Antritt bietet. Bei den ersten Pedal-Umdrehungen kommt es einem aber so vor, als ob man etwas in die Luft tritt. Hat die Gazelle dann an Fahrt aufgenommen, fühlt sich die Tretunterstützung sehr angenehm an.

Hohes Tempo lässt sich problemlos fahren

Auch über einen längeren Zeitraum gelingt es problemlos ein Tempo um 30 bis 35 km/h zu halten. Um 45 km/h in der Spitze zu erreichen, muss jedoch etwas kräftiger in die Pedale getreten werden. Trotz des hohen Gewichts von knapp über 29 Kilogramm (mit Akku) lässt sich das S-Pedelec sehr angenehm in den höheren Unterstützungsstufen “Sport” und “Turbo” fahren. Auch die Straßen- und Kurvenlage der Gazelle ist sehr gut. Das Handling des Bikes ist jedoch zu schwer. Eine Treppe trägt man es etwa nur mit sehr hohem Krafteinsatz hoch. Es gilt also: Ein sicherer Ort zum Unterbringen, wie eine Garage oder ein ebenerdiges Fahrradhäuschen wären optimal – inklusive eines sicheren Radschlosses. Bei wenig E-Unterstützung fällt das Mittreten außerdem etwas schwerfällig. Apropos Gewicht: Das zulässige Gesamtgewicht für das Gazelle N°1 625 Wh gibt der Hersteller mit 150 kg an. Fährt also eine schwere Person um 90 bis 95 Kilogramm, kann entsprechend rund 30 bis 35 kg wenig Gepäck mitgeführt werden.

Detailansicht des Bosch-Mittelmotors beim S-Pedelec Gazelle N°1 625 Wh
© IMTEST

Die Pendler-Alternative im Straßenverkehr

Da die Gazelle N°1 ohnehin in der Stadt nur auf der Straße fahren darf, drängt sich die Frage auf, ob es beim Tempo und Komfort auch als Pendler-Alternative zum Einsatz kommen kann. Nach dem Test von IMTEST lässt sich die Frage durchaus mit einem “Ja” beantworten. Im stockenden Stadtverkehr hat es deutliche Vorteile gegenüber dem Auto und auch längere Strecken bewältigt die Fahrerin oder der Fahrer damit ohne allzu große Anstrengung. Als Fazit für eine ausgedehnte Fahrt über den IMTEST-Testparcours lässt sich festhalten: “Die Gazelle bringt riesig Spaß, selbst längere Strecken vergehen wie im Flug.” Jedoch sollte die Ausfahrt nicht weiter als 43 Kilometer ausfallen. Exakt diese Reichweite hat das IMTEST-Radlabor Hansecontrol für das Bike mit einer Akkuladung (gemessene Kapazität: 568 Wh) beim Reichweitentest (“R200”) auf dem Teststand ermittelt. Mit gleichbleibenden 21 km/h bewältigt das S-Pedelec eine sechsprozentige Bergauffahrt – dies ist hingegen ein guter Wert.

Rückspiegel bei einem S-Pedelc am Lenker angebracht
Automatik-Schaltung bei einem S-Pedelec im Detail fotografiert
E-Bike-Display beim Gazelle-S-Pedelec in an der Lenkradmitte agebracht
Nummernschild eines S-Pedelcs
Vorderlampe bei einem E-Bike im Detail fotografiert
E-Bike-Display beim Gazelle-S-Pedelec in an der Lenkradmitte agebracht
Kleinkraftrad-Führerschein wird in einer Hand gahelten

Viel Licht, wenig Schatten beim S-Pedelec von Gazelle

Für ein S-Pedelec besitzt das Gazelle N°1 einen verhältnismäßig schlanken Trapez-Rahmen mit leicht zur Sattelstütze hin abfallender Mittelstange. Im Unterrohr steckt der rund 3 kg schwere und nach unten herausnehmbarem Akku. Beim Entriegeln des Akkufachs gilt ist allerdings Vorsicht geboten, damit der Akku nicht auf den Boden fällt. Das Bosch Kiox-Display ist in einer Halterung an der Lenkermitte fest angebracht. Es liefert alle wichtigen Fahrraddaten wie Tempo, Akkustand oder gewählte Unterstützungsstufe übersichtlich und gut verständlich auf einen Blick. Ebenso bietet das “Speed”-Bike fest integriertes und StVZO-konforme Vorder- und Rücklicht. Der Rahmen der Gazelle ist aus Aluminium gefertigt, die Vorderradgabel aus Carbon.

Im Straßenverkehr fehlt noch etwas

Für das Design hat Gazelle mit dem bekannten StudioMOM zusammengearbeitet. Insgesamt vermittelt das Bike einen harmonischen Eindruck. Für Fahrten im Stadtverkehr gibt es einen klappbaren Rückspiegel am linken Lenkergriff (siehe Foto oben). Dieser ist sehr hilfreich, um sich ein Bild davon zu machen, wie es um den Verkehr im Rücken des Fahrers bestellt ist. Was dem Bike aber fehlt, sind Blinker. Bei Tempo 45 km/h nimmt man nämlich nicht ohne weiteres die Hände vom Lenker um einen geplanten Abbiegevorgang zu signalisieren. Wie es sich für ein E-Bike mit hohem Tempo geboten sein sollte, reagieren die hydraulischen Scheibenbremsen verlässlich und gut – ganz gleich ob im trockenen oder im nassen Zustand. Die Bremsenprüfungen auf dem Teststand im Hansecontrol-Labor bewältigte die Gazelle anstandslos.



Die Gazelle N°1 625 Wh zeichnet sich durch einen sehr soliden Fahrkomfort aus. Ganz gleich ob die Fahrt über ebene Flächen, Asphalt, Kopfsteinpflaster oder Steigungen geht – nichts klappert und wackelt. Der Sitz ist sehr angenehm, genau wie die Griffe und der leicht geschwungene Lenker.

Fazit

  • PRO
    • komplett mit Schutzblechen, Licht und Ständer ausgestattet. Sehr lange Garantiezeit (10 Jahre) auf den Rahmen.
  • KONTRA
    • kombinierte Reichweite bei Fahrten im Flachen und bergan nur für zu kurze 43 km.

IMTEST Ergebnis:

gut 2,5

IMTEST- Redakteur Horst Schröder vor Hintergrund (Hamburg)

Als festangestellter Redakteur im Ressort Future Mobiltiy testet Horst Schröder für IMTEST E-Bikes, Gravelbikes, E-Scooter sowie E-Autos. Passend dazu testet er diverse Zubehör-Produkte wie Fahrradträger oder Dachboxen. Neben Tests und Ratgebern rund um Gesundheitsthemen oder Online-Dienste etwa für Daten-Speicherung (Cloud), erstreckt sich die Expertise des ausgebildeten Print- und Online-Redakteurs zudem über das Thema Camping. Dieses begleitet er mit Tests von Reisemobilen, Camper-Vans und Zubehör wie Zelten oder Softshell-Jacken. Vor seiner Tätigkeit bei IMTEST arbeitete er als Inhaber eines Redaktionsbüros (Print und Online) freiberuflich unter anderem als Testredakteur für die Computerbild. Neben Technik-Themen aller Art, ist für den Bulli-Fahrer die weite Outdoor-Welt eine Passion. Sie erreichen ihn via E-Mail.