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Ambulante Pflegedienste: So finden Sie endlich den richtigen Anbieter

Ambulante Pflegedienste ermöglichen Leben zu Hause.

Eine ältere Dame zuhause mit einer jungen Pflegekraft.
© Getty Images

Es ist bedrückend, die alltäglichen Dinge nicht mehr selbst zu schaffen, und es fällt wohl niemandem leicht, dabei um Hilfe bitten zu müssen. Beispielsweise, wenn der Gleichgewichtssinn gestört ist und deswegen das Beziehen des Bettes oder Ankleiden Probleme bereitet. Es kostet Überwindung, um sich dann in solch einer Lage einem ambulanten Pflegedienst zu offenbaren.

Pflege in der Wohnung

Beim ersten Besuch des Pflegedienstes in der Wohnung des Pflegebedürftigen geht es zuerst um das gegenseitige Kennenlernen. Der Pflegedienstmitarbeiter möchte dabei etwas über die Lebensgewohnheiten und Wünsche des künftigen Patienten erfahren. Wann möchten Sie morgens aufstehen? Möchten Sie lieber von einer Dame oder von einem Herrn versorgt werden? Ein Pflegedienst, der diese scheinbar unwichtigen Kleinigkeiten erfragt, hat schon viel zur Zufriedenheit des neuen Patienten beigetragen, denn sein gewohnter Tagesablauf soll möglichst nicht beeinträchtigt werden. Außerdem wird besprochen, wobei der Pflegedienst behilflich sein soll und welche Kosten dafür monatlich anfallen.



Marie-Louise Jungwirth freut sich schon auf den morgendlichen Besuch. “Dank der guten Pflege geht es mir wieder besser. Kopfmäßig bin ich noch gut in Schuss, doch der Körper macht nicht mehr so mit”, erzählt die Seniorin, die sich nur mit einem Rollator in der Wohnung bewegen kann. Die 79-Jährige empfängt Pflegedienstmitarbeiterin Susanne Siemers-Grundt.

Nach dem Tod des Mannes musste Marie-Louise Jungwirth ihr Leben neu ordnen, doch der Körper setzte ihr Grenzen. “Ich hatte das Radfahren und Schwimmen vernachlässigen müssen, musste den Fitnesssport aufgeben”, erzählt sie dazu. All das geht heute nicht mehr, daher geht sie nur noch selten vor die Tür. So erwies es sich als Glücksfall, dass sie den Kontakt zum Pflegedienst noch besaß. Ein Anruf und schon gab es Hilfe bei den Dingen, die auf einmal so schwerfielen: beispielsweise Hilfe bei der Körperpflege, Anlegen und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen oder der Medikamentengabe.

Eine alte Frau misst einem Mann im selbe Alter Blutdruck.
Nicht immer schaffen die Angehörigen alles alleine. © Pexels / Vlada Karpovich

Aus Sicht der Pflegekraft

“Wir sind jeweils morgens und abends für sie da”, sagt Susanne Siemers-Grundt, die der älteren Dame große Fortschritte bescheinigt. “Wir geben Frau Jungwirth ein großes Stück Lebensqualität zurück, denn es werden auch Mobilitätsübungen durchgeführt”, ergänzt die Pflegefachkraft. Denn diese kleinen Übungen, die die Arme und Beine oder den Gleichgewichtssinn trainieren, bieten ihr die Möglichkeit, in der vertrauten Umgebung zu bleiben. Auch schaut regelmäßig die Tochter vorbei, besorgt dann den Einkauf und geht ihrer Mutter gern zur Hand.

Dass die Pflege mehr als nur Waschen, Anziehen und Medikamentengabe ist, wissen nicht nur die Menschen, die tagtäglich vom Pflegedienst betreut und umsorgt werden. “Natürlich gehört dazu auch das Gespräch mit unseren Betreuten. Schließlich kümmern wir uns ja um Menschen”, sagt Susanne Siemers-Grundt. Für sie stehen die zu pflegenden Menschen an erster Stelle, denn ihnen wird durch die ambulante Pflege die Chance auf ein weitestgehend selbstbestimmtes Leben geboten.

Mit der Altenpflegerin unterwegs

Mit dem Fahrrad ist Krankenpflegehelferin Ina Dunkel jeden Tag im Stadtteil unterwegs – so wie früher die Gemeindeschwester. Elf Patienten hatte die 29-Jährige im Laufe des heutigen Vormittags zu versorgen: Sie leistet dabei Hilfe beim Aufstehen, Waschen, Duschen und Ankleiden, Frühstück zubereiten. Aber auch kurze Einsätze waren dabei, so musste sie einer älteren Dame Kompressionsstrümpfe anziehen, Patienten Medikamente geben und Insulin spritzen.

Ein junger Mann liest zusammen mit einem älteren.
Begleitung, gemeinsame etwas Zeit und ein sauberes Zuhause, das kann ambulante Pflege bedeuten. © Pexels / Kampus Production

Bei der ambulanten Pflege wird zügig gearbeitet, denn die Zeiten und Preise sind für alle Arbeiten fest vorgegeben. Die Mitarbeiter tragen entsprechend Verantwortung. Doch selbstverständlich wird während der Pflege und medizinischen Versorgung auch geklönt und gelacht. Außerdem werden von der Pflegekasse Zuschüsse für Betreuungszeiten (125 Euro für “Zusätzliche Entlastungsleistungen” pro Monat (siehe Seite 142) gezahlt). “Das nutzen unsere Patienten auch”, berichtet Ina Dunkel. “Ein älterer Herr hat mir das Schach spielen beigebracht. Er war ganz stolz!”, Ina Dunkel und ihre Kollegen lesen vor, spielen Rummikub, machen Spaziergänge oder gehen mit den Patienten zum Einkaufen. Auch das Gedächtnistraining ist beliebt.

Viele pflegebedürftige Senioren leben allein, können dabei kaum ohne fremde Hilfe die Wohnung verlassen. Es gibt dann oft nur wenige Kontakte zur Familie, zu Nachbarn und Freunden. Den Menschen fällt es daher schwer, an dieser Situation etwas zu ändern. Man muss erst einmal lernen, mit der Einsamkeit zu leben. “Die Menschen fühlen sich trotzdem in den eigenen vier Wänden wohl, weil es ihr eigenes Reich ist”, hat Ina Dunkel beobachtet. Umso wichtiger ist es, dass die Mitarbeitenden der ambulanten Altenpflege ihre Patienten aufmuntern und ihnen Zuwendung schenken.

Ina Dunkel freut sich jetzt auf ihren Feierabend, will zu Hause die Beine hochlegen und entspannen: “Das musste ich auch erst einmal lernen, von der Arbeit abzuschalten.”



Bei der Begutachtung hilft der Pflegedienst

Dass auf einen Antrag bei der Pflegeversicherung ein negativer Bescheid folgt, ist kein Einzelfall. Denn im häuslichen Bereich etwa wird ein Drittel der Anträge abgelehnt. Oft sind die Anspruchsvoraussetzungen tatsächlich nicht erfüllt, aber auch die MDK-Gutachter machen Fehler. Erste Anlaufstelle für das Verfahren sind daher die ambulanten Dienste. Denn sie wissen, was im Sinne der Pflegeversicherung zählt, um einen Pflegegrad zu erhalten. Ein Vertreter des künftigen ambulanten Dienstes sollte beim Begutachtungstermin da- bei sein. Er kann kontrollieren, ob der Gutachter auch tatsächlich alle relevanten Pflegetätigkeiten anerkennt.

Abrechnung mit den Krankenkassen

Dabei werden nicht alle Leistungen, die ein ambulanter Dienst erbringt, über die Pflegeversicherung abgerechnet. Sofern der Arzt verschreibt, dass Medikamente verabreicht oder Spritzen gegeben werden müssen, kann auch dies von den Pflegekräften eines ambulanten Dienstes übernommen werden. Diese Leistungen heißen “Behandlungspflege” und werden von den Pflegediensten dabei direkt mit der Krankenkasse abgerechnet. Hierfür ist dann nur eine Rezeptgebühr fällig.

Beispielsweise: Für Hilde P. wurde der Pflegegrad 2 anerkannt. Die Hilfe beim Anziehen und Waschen zählt dabei zu den Leistungen, die über die Pflegeversicherung abgedeckt werden. Bis zu einer Höhe von 689 Euro rechnet der ambulante Dienst daher direkt mit der Pflegekasse ab. Alles, was darüber liegt, zahlt die 83-Jährige allerdings selbst. Zudem ist die Rentnerin Diabetikerin und auf die lebenswichtigen Insulinspritzen angewiesen. Ihr Hausarzt hat entsprechend dreimal täglich eine Blutzuckerkontrolle und eine entsprechende Insulingabe verordnet. 90 Einsätze im Monat rechnet der Pflegedienst für die Diabetikerversorgung als Behandlungspflege dazu direkt mit der Krankenkasse ab.

Achtung: Ein ambulanter Dienst, der keine Zulassung für die häusliche Krankenpflege hat, darf jedoch nicht mit der Krankenkasse abrechnen. Die Kosten für die Behandlungspflege würden dann den Versicherten in Rechnung gestellt.

Ein alter Mann streckt die Arme aus. Eine Frau in gelb macht mit ihm Gymnastik.
Neben Hygiene, Kochen und Medikamentengabe kann auch Gymnastik zu den Aufgaben des ambulanten Pflegediensts zählen. © Pexels / Kampus Production

Was kostet die ambulante Pflege zu Hause?

Für Peter A. ist der Pflegegrad 2 bewilligt worden, denn seine Frau Helga braucht dringend morgens und abends Entlastung. Wenn es um das Duschen und Waschen geht, steht sie jedes Mal vor einem großen Problem: Er will sich nicht an- und ausziehen, Duschen und Haare waschen empfindet er als unangenehm. Das führt daher täglich zum Streit. Lange hat Helga A. überlegt, ob sie sich Hilfe von außen durch einen Pflegedienst holen soll. Doch Ehemann Peter möchte keine Fremden in der Wohnung haben, und ihr ist es peinlich, dass jemand von den dauernden Auseinandersetzungen erfährt. Schließlich ruft Helga A. doch bei einem Pflegedienst an.

Ein alter Mann sitzt grübelnd auf dem Sofa. Eine weißhaarige Frau legt ihm den Arm auf die Schulter.
Es ist anfangs nicht immer leicht, sich für Pflege durch Fremde zu entscheiden. © Pexels / Vlada Karpovich

Schon beim ersten persönlichen Gespräch spürt das Ehepaar, dass Sympathie vorhanden ist. Peter A. freut sich sogar, dass mal wieder jemand zu Besuch kommt. Zwei Tage später erscheint dann die Pflegerin zum ersten Mal. Anders als erwartet, beginnt sie ihre Arbeit nicht sofort damit, Herrn A. beim Duschen behilflich zu sein, sondern unterhält sich mit ihm, um ihm die Berührungsängste zu nehmen. Peter A. ist dabei wie ausgewechselt. Erst am zweiten Tag steht ihm die Schwester morgens im Bad zur Seite. Helga A. ist erleichtert und freut sich sehr darüber, wie umgänglich sich ihr Mann dabei plötzlich gegenüber der professionellen Altenpflegerin zeigt. Außerdem hat sie jetzt eine Gesprächspartnerin, mit der sie endlich einmal über alles reden kann.

Achtung! Wenn sich pflegebedürftige Angehörige nicht überzeugen lassen, ambulante Pflege wenigstens auszuprobieren, können die Pflegestützpunkte helfen. Dabei handelt es sich um deutschlandweite Anlaufstellen, die in allen Bereichen beim Thema Pflege beraten können.

Pflege auf Bestellung

Bei der ambulanten Pflege sind die einzelnen Tätigkeiten – von der “Großen Morgentoilette” bis zum Wechseln der Bettwäsche – in sogenannten Leistungskomplexen (kurz LK) entsprechend festgelegt. Jeder Komplex hat einen Preis, wobei es bei den Pflegediensten Preisunterschiede gibt. In der nachfolgenden Tabelle sind daher die Durchschnittspreise der Berliner Pflegedienste angegeben.

Körperliche Pflege – Preise im Leistungskomplex

LKPreis in EuroErläuterung
01
18,70

Erweiterte kleine Körperpflege
1. Hilfe beim Aufsuchen oder Verlassen des Bettes
2. An-/Auskleiden
3. Teilwaschen
4. Mund- und Zahnpflege
5. Kämmen
02
12,47

Kleine Körperpflege
1. An-/Auskleiden
2. Teilwaschen
3. Mund- und Zahnpflege
4. Kämmen
03a) ohne Baden 28,09

b) mit Baden 37,41

Erweiterte große Körperpflege
1. Hilfe beim Aufsuchen oder Verlassen des Bettes
2. An-/Auskleiden
3. Waschen/Duschen/Baden
4. Rasieren
5. Mund- und Zahnpflege
6. Kämmen
04
24,94

Große Körperpflege
1. An-/Auskleiden
2. Waschen/Duschen
3. Rasieren
4. Mund- und Zahnpflege
5. Kämmen
05
6,23

Lagern/Betten
1. Lagern, Bett machen/richten
2. Mobilisieren beim Betten
06
15,62

Hilfe bei der Nahrungsaufnahme
1. Hilfe beim Aufsuchen und Verlassen des Essenplatzes
2. Hilfe oder Beaufsichtigung beim Essen und Trinken
3. Hygiene im Zusammenhang
07
a) 4,96


b) 12,47

Darm- und Blasenentleerung
a) Beinhaltet insbesondere: Hilfen/Unterstützung bei der Blasen- und/oder Darmentleerung einschließlich Entsorgung von Ausscheidungen

b) 1. An-/Auskleiden
2. Hilfen/Unterstützung bei der Blasen- und/oder Darmentleerung, z. B. Inkontinenzversorgung, zur Toilette bringen
3. Intimpflege

Pflege rund um die Wohnung – Preise im Leistungskomplex

LKPreis in EuroErläuterung
08
4,36

Hilfestellung beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung
1. An/Auskleiden
2. Treppensteigen
09
37,41

Begleitung außer Haus
Bei Aktivitäten, bei denen das persönliche Erscheinen erforderlich und ein Hausbesuch nicht möglich ist (keine Spaziergänge oder kulturellen Veranstaltungen)
10
7,26

Beheizen der Wohnung
1. Beschaffung des Heizmaterials
2. Entsorgung der Verbrennungsrückstände
3. Heizen
11
a) täglich 5,45

b) in der Regel 2 x wöchentlich 16,34

Reinigen der Wohnung
a) Aufräumen der Wohnung, Trennung/Entsorgung des Abfalls, Spülen/Aufräumen
b) zusätzlich: Reinigung Bad, Toilette, Küche, Wohn-/Schlafbereich, Staubsaugen/ Nassreinigung, Staubwischen

Haushalt und Arztbesuche im Pflege-Leistungskomplex

LKPreis in EuroErläuterung
12
29,05

Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung auch Bettwäsche, Bügeln und Ausbessern sowie Einräumen der Wäsche
13
in der Regel
2 x wöchentlich 14,53

Einkaufen
Erstellen des Einkaufs- und Speiseplans, Einkaufen von Lebensmitteln und sonstigen Dingen des persönlichen Bedarfs sowie Einräumen der Gegenstände
14
16,34

Zubereitung einer Mahlzeit
1. Kochen
2. Aufwärmen des Tiefkühlmittagstischs
3. Spülen des Geschirrs
4. Reinigen des Arbeitsbereiches
15
5,45

Zubereitung einer Mahlzeit
1. Zubereitung warm angelieferter Kost oder einer sonstigen Mahlzeit
2. Spülen des Geschirrs
3. Reinigen des Arbeitsbereiches
16
a) 42,37

b) 18,16

a) Erstbesuch Anamnese, Information und Beratung, Pflegeplanung sowie Angebot eines Pflegevertrages
b) Folgebesuch bei einer gravierenden Änderung des Pflegezustandes.
17
a) 3,93

b) 7,87

a) Einsatzpauschale montags bis freitags zwischen 6 und 22 Uhr
b) Einsatzpauschale montags bis freitags zwischen 22 und 6 Uhr und an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen

Der vorliegende Text stammt aus dem Ratgeber “Der Pflegekompass” von Jochen Mertens e.K., erstmals erschienen 2021 bei der Funke Mediengruppe.

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